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Innsbruck/Wien – Die ersten Polizeiüberwachungskameras außerhalb von Wien und Umgebung kommen in Tirol zum Einsatz. Nach dem Schwedenplatz und dem Karlsplatz in Wien sowie der Shopping City Süd in Vösendorf gilt nun Innsbrucks beliebter Rapoldi- Park als "Hot Spot". Seit Freitag patrouilliert ein mobiles Einsatzfahrzeug – mit zwei Beamten, Kameras und Nachtsichtgerät. Die Installation fixer Kameras wird laut Tirols Landespolizeichef Oskar Gallop noch geprüft.

"Prävention"

"Kriminelle sollen verunsichert werden, rechtschaffene Mitbürger sich sicher fühlen", sagte die Innsbrucker Bürgermeisterin Hilde Zach (VP). Innenministerin Liese Prokop (VP) betonte, es gehe um Prävention. "Wir haben den Rapoldi-Park ausgesucht, weil hier der Suchtgifthandel stark zugenommen hat", erklärte Stadtpolizeidirektor Thomas Angermair. 900 Anzeigen habe es heuer bereits in diesem Areal gegeben.

SP-Stadträtin Marie-Luise Prokorny Reitter hat "nichts gegen" die Videoüberwachung. Sie fürchtet aber einen "Verdrängungseffekt" und forderte daher mehr Polizisten auf den Straßen. Von einer "Placebo-Maßnahme" sprach hingegen Grünen-Landtagsabgeordnete Uschi Schwarzl. Sie sei zwar für Kameras "in Tiefgaragen und anderen Angsträumen für Frauen". Nicht aber an öffentlichen Plätzen, "weil Leute Unbehagen empfinden, kontrolliert zu werden". Zudem fürchte sie eine Ausgrenzung von Jugendlichen, Suchtkranken und Wohnungslosen.

Priorität Hundedreck

Ein Vater mit Kleinkind zeigte sich skeptisch: "Ich bin im Sommer jeden Tag mit dem Kind hier, Probleme gibt es eigentlich nur mit dem Hundedreck in Sandkasten." Und eine Mutter meinte: "Ich sehe in letzter Zeit eher weniger Junkies hier".

Wie berichtet, darf die Polizei erst seit Anfang des Jahres zu Präventionszwecken Bilder der Videoüberwachung aufzeichnen. Vor der entsprechenden Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes war dies nur mit Zustimmung der Justiz bei Lausch- und Spähangriffen gegen Schwerkriminalität möglich. Doch nun plant das Innenministerium eine Videooffensive: noch heuer sollen insgesamt 40 weitere digitale Videoaufzeichnungsgeräte angeschafft werden, die Ausschreibung dafür endet kommenden Dienstag.

Die Sinnhaftigkeit von Videoüberwachung ist in internationalen Fachkreisen umstritten. Der Strafrechtsprofessor Henning Ernst Müller von der Universität Regensburg beschreibt in einer Studie, dass rational handelnde Straftäter ihre Aktivitäten einfach in nicht überwachte Zonen verlagern. Gegen spontane Delikte ohne nüchterne Planung, zum Beispiel wenn Betrunkene randalieren, helfe eine Videoüberwachung wenig.

Negativer Effekt Aber wenn schon Kameras vorhanden seien, sollten beobachtete Delikte immer sofort zu einem Polizeieinsatz führen, schlussfolgert Müller. Wenn die Polizei erst im Nachhinein die Aufzeichnungen auswerte, blieben bei der Bevölkerung zu viele negative Beeinträchtigungseffekte übrig, wie etwa das ständige Sich-beobachtet-fühlen. (Benedikt Sauer, Michael Simoner, DER STANDARD Printausgabe, 13./14./15.08.2005)