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Wahlkampf in Schleswig-Holstein: Wattwanderung mit Fischer und familiärem Anhang

Foto: APA/epa/Wulf Pfeiffer
Bleigrau hängt der Himmel über der Nordsee. Es ist kalt in Schleswig-Holstein, doch Joschka Fischer muss sich nass machen. Die grünen Freunde vom Kreisverband Nordfriesland haben ihm eine Wattwanderung verordnet. Also stapft der Außenminister mit Freundin Minu Barati und deren Tochter tapfer und barfuß durch den Schlick. Die Fotografen sind begeistert. Solche Fotos sind sonst tabu.

Politprofi Fischer weiß, was von ihm erwartet wird. "Ihr wollt eure Fotos und ich will weiter, also macht schnell", knurrt er auch in Kiel, als die Fotografen ihn vor einem Koloss von Schiffsrumpf fotografieren wollen. Fischer mit Schutzhelm in Deutschlands größter Werft HDW, das signalisiert natürlich: Die Grünen kümmern sich um Arbeitsplätze. Zum ersten Mal stellt die Ökopartei nicht den Umweltschutz in den Mittelpunkt einer Kampagne, sondern "Arbeit und Wirtschaft".

Chance für Rot-Grün

Fischer lässt sich erklären, dass die Konkurrenz in China nicht schläft und verkündet: "Eine große Koalition werden wir zu verhindern wissen. Wir haben alle Chancen auf Fortsetzung von Rot-Grün, die Stimmung dreht sich." Es sei nämlich nicht wahr, dass nur eine große Koalition Jobs schaffen könne. Dann entschwindet er mit seinem großen grünen Bus. "Joschka kämpft! Mach mit" steht darauf. 41 Tage lang fährt er durchs Land und macht in 68 Städten Halt. Das schlaucht.

Auch die Sonnenblumen auf der Bühne jener Kieler Halle, in der Fischer am Abend spricht, schauen nicht mehr ganz taufrisch aus. Immerhin: Als der Wahlkämpfer erscheint, tobt das Publikum. Und da ist auch wieder ein "Störer", der lauthals "Grüne vernichten Arbeitsplätze" schreit. Das passt Fischer gut, da kann er gleich kontern: "Das ist doch das Denken der 70er-Jahre. In meiner Schulzeit hat der Rhein jede Stunde eine andere Farbe gehabt, so viel wurde da reingekippt. Dann wurde in Kläranlagen investiert und das hat Arbeitsplätze gebracht." Und jetzt müsse man in erneuerbare Energien investieren, das schaffe auch wieder Jobs.

"Würgeengel" Merkel

Er schimpft auf die Linken und deren Illusion vom "sozialen Wolkenkuckucks- Heim" und auf die FDP, weil die wiederum den Sozialstaat gleich ins Museum stellen wolle. Rot-Grün hingegen wolle "Reformen mit sozialem Augenmaß". CDU-Chefin Angela Merkel wechsle ihre Überzeugung, wie es gerade passe: "Gegen unsere Ökosteuer ging sie auf die Barrikaden. Aber nun ist sie mit ihrer Erhöhung der Mehrwertsteuer ja selbst der Würgeengel des Wachstums."

Aber, feixt Fischer, "die CDU war zuerst betrunken von ihren guten Umfragewerten. Jetzt fällt das schöne Soufflé zusammen". Deshalb appelliert der grüne Frontmann zum Schluss: "Es heißt jetzt die Ärmel aufkrempeln und kämpfen. Ich sage euch: Wir kriegen das Ding noch mal herumgedreht." (DER STANDARD, Print, 13./14.8.2005)