Hamburg - US-Aufseher haben im Gefangenenlager Guantanamo nach Angaben eines ehemaligen Wachmanns vor allem drei Methoden eingesetzt, um Häftlinge gefügig zu machen: Kältekammern, Schlafentzug und Fesselungen. Der 38 Jahre alte Sean Baker, der von November 2002 an acht Wochen lang als Aufseher in "Camp Delta" arbeitete, beschrieb in einem Interview von "Spiegel TV", das am Freitag im Voraus veröffentlicht wurde, wie die Gefangenen im Hochsicherheitstrakt der berüchtigten Anstalt für die stundenlangen Verhöre durch FBI und Geheimdienste gefügig gemacht worden seien.

Häftlinge seien abwechselnd in Kälte- und Hitzekammern gesperrt worden, wo sie extremen Temperaturschwankungen ausgesetzt gewesen seien. Laut Baker dauerte die Behandlung oft viele Stunden. "Die Gefangenen waren danach jedes Mal völlig fertig." Daneben seien Insassen stunden- oder sogar tagelang an die Stahlböden ihrer Zellen gekettet worden. Zu den beliebtesten Methoden habe jedoch der Schlafentzug gehört. "Dabei haken zwei Wärter jeweils einen Gefangenen unter und marschieren mit ihm stundenlang herum. Danach werden sie von einer anderen Einheit abgelöst. Das dauert die ganze Nacht und geht am nächsten Morgen ohne Pause weiter."

Selbstmordversuche

Baker wurde nach eigenen Angaben auch Zeuge von Verhörmethoden mit Mitarbeiterinnen, die eingesetzt worden seien, um den Willen der strenggläubigen muslimischen Gefangenen durch sexuelle Herabsetzung zu brechen. Viele Häftlinge in dem Lager hätten versucht, sich das Leben zu nehmen. Er selbst habe "innerhalb weniger Monate 40 bis 50 Gefangene von ihren selbst gebastelten Stricken runtergeschnitten".

Baker ist inzwischen aus dem Militärdienst ausgeschieden. Ende Jänner 2003 wurde er nach seinen Angaben selbst zum Opfer: Während einer Übung sei er von seinen Kollegen fälschlicherweise für einen Gefangenen gehalten und nach mehreren Schlägen auf Kopf und Hände schwer verletzt worden. Baker ist seitdem dienstunfähig. (APA/dpa)