Die Folgen der demografischen Entwicklung machen sich auch in Österreich durch steigende Gesundheitsausgaben bemerkbar: Die Menschen leben in Österreich immer länger und erfreuen sich so lang wie nie zuvor einer hohen Lebensqualität. Das verdanken wir gleichermaßen modernen Medikamenten, anerkannter Spitzenmedizin und einem funktionierenden Gesundheitswesen. Es ist von zentraler gesellschaftspolitischer Bedeutung, dass dies auch in Zukunft so bleibt.

Verantortung wahrnehmen

Daher müssen sich alle Beteiligten in Politik, Wirtschaft und Sozialversicherung ihrer Verantwortung stellen: Wie weit sind wir bereit, für kleinere oder größere medizinische Fortschritte Geld auszugeben?

Die aktuelle Diskussion über teure Krebstherapien zeigt, wie wichtig diese Frage ist. Die Entwicklung moderner Medikamente kostet nun einmal viel Geld. In Österreich, dem drittreichsten Land in der EU, können wir aber mit Recht erwarten, dass die Qualität des Gesundheitswesens auch unserem hohen Wohlstandsniveau entspricht.

Die österreichische Pharmaindustrie leistet bereits einen wichtigen Beitrag, um die Finanzierung des Gesundheitswesens zu sichern: Die Industriepreise (Fabrikabgabepreise) liegen in Österreich bereits 14 Prozent unter dem EU-Schnitt. Steigende Selbstbehalte im Gesundheitswesen und der hohe Mehrwertsteuersatz von 20 Prozent auf Medikamente belasten jedoch die österreichischen Patienten. Außerdem müssen immer mehr Men 3. Spalte schen ihre Medikamente in der Apotheke selbst bezahlen, weil die Krankenkassen für immer weniger Arzneien aufkommen. So werden die Österreicher fürs Kranksein gleich doppelt bestraft. Wie können die Patienten spürbar entlastet werden?

Steuersenkungen

Ich appelliere einmal mehr an den Finanzminister: Schaffen Sie die hohe Mehrwertsteuer auf Medikamente ab – Medikamente sind keine Luxusgüter, sondern lebenswichtige Produkte! Schließlich werden Dinge wie Sexmagazine, geräucherte Austern und Kaviar nur mit zehn Prozent besteuert.

Es geht auch anders: In den meisten Nachbarländern liegt der Mehrwertsteuersatz auf Medikamente unter zehn Prozent; in Tschechien und Ungarn beträgt er beispielsweise fünf Prozent und in der Schweiz 2,4 Prozent.

Diktat des Sparstifts

Es ist sicher von großer Wichtigkeit, dass die Sozialversicherung mit dem Geld der Versicherten sorgsam umgeht. Dass Ärzte aufgrund immer restriktiverer Vorschriften der Krankenkassen bereits dreimal überlegen, ob sie ihren Patienten ein neues Medikament verschreiben oder nicht, kann aber wohl kaum der richtige Weg sein.

Das Diktat des Sparstifts darf nicht dazu führen, dass die Patienten auf die optimale medizinische Versorgung verzichten müssen. Wenn diese Entwicklung nämlich darauf hinausläuft, dass sich nur noch wohlhabende Menschen die modernsten und innovativsten Medikamente leisten können, haben wir eine Zwei- Klassen-Medizin.

Bisher waren die Pharmaunternehmer der Überzeugung, dass wir in Österreich ein solidarisches Gesundheitswesen hätten. Die Frage ist nicht: "Können wir uns das leisten?" Sondern: "Wollen wir uns das leisten?" – Und die Politiker aller Parteien sind gefordert klarzustellen, mit welchen Mitteln sie dieses Ziel erreichen wollen. (DER STANDARD Printausgabe, 13./14./15.08.2005)