Wien - Es liegt viel lobenswertes Selbstbewusstsein in dem Ehrgeiz, den mannigfaltigen Zerstreuungsangeboten der so genannten "Copa Kagrana" ein spröderes, sozusagen jahrtausendealtes hinzuzugesellen.

Denn dort, am Ufer des sanft gekräuselten Entlastungsarmes der schönen grauen Donau, wo in kokosbraunen Bacardi-Rumhütten junge Städtebewohner eine geschüttelte und nicht gerührte Ersatz-Ballermannatmosphäre genießen, gastiert dieser Tage das ziehende Theaterkollektiv muunkompanie mit einem chorisch heruntergeratterten Casanova-Stück.

Die Gründungsmitglieder der muunkompanie leiten von ihrer Mitwirkung an Einar Schleefs legendärer Sportstück-Uraufführung am Wiener Burgtheater ein eher weit reichendes Mandat ab. Sie befleißigen sich, mit allerdings unklarem Bezug auf die antike Deklamierpraxis, des betonenden Unisono-Sprechens. Sie rezitieren gewiss auch das Telefonbuchverzeichnis von Wien-Donaustadt mit jener die Betonung verschleifenden Verzückung, mit jener die Semantik und die Wortenden fein abschmeckenden Delikatesse, die hoher, ja übermenschengroßer Texte wert wäre. Eines Aischylos, eines Schleef, einer Jelinek.

In Sachen Raimund Wallischs Casanova prallt das Engagement von fünf weiß geschminkten Rokokochorpuppen (drei Damen, zwei Herren) nun leider auf einen Gebrauchstext, der mit unklarer Ironie Casanovas erstaunlich keusche Jünglingsjahre in ein Stakkato-Bad aus Jugendsprachversatzstücken eintaucht.

Versetzt mit Proben gemächlich einlullender Blechbläsermusik, im Schutz eines weißen Wetterhäuschens, das an die Aufbauten eines Planwagens erinnert, erprobt der barocke Chor allerlei Wechsel-Sprechwirkungen und bemüht sich um Satzzerkleinerungen. Nur leider will sich so gar kein Zauber, keine Betörung, kein erhebendes Gefühl einstellen. Wenn der Tragödienchor, frei nach Schleef, tatsächlich so etwas wie ein Stück Natur vorstellt, so hätte man es hier, im Schutze der "Copa Kagrana", am ehesten mit einer Theaterkleingartensiedlung zu tun. In deren Mitte rattern Schleefs Schüler - selig wie die Registrierkassen. (DER STANDARD, Printausgabe vom 13./14./15.8.2005)