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Die Studienergebnisse variieren etwas, insgesamt aber ist anerkannt: Mehr als die Hälfte der Mergers und Übernahmen scheitern - und zwar am "sträflich unterschätzten Faktor Mensch", wie Unternehmensberater Herbert Mirtl, seit 20 Jahren bei der Wiener Firma Team Training Austria mit dem Thema befasst und derzeit gerade in Arbeit mit Aventis/Sanofi, formuliert.

Widerstand sei zwar üblich, zitiert Mirtl etwa die Schließung des Semperit-Reifenwerkes oder die Übernahme der CA durch die BA. Im aktuellen Fall der Telering-Belegschaft "überrascht" ihn allerdings "die schnelle Reaktion, die mediale Präsenz und die Kraft des Widerstandes".

"Hitzige Reaktionen werden nicht geahndet"

"Mit Gleichgültigkeit ist ja ein guter Job gar nicht möglich, ich verlange ja selbst Passion", kommentiert T-Mobile-Spitzenmann in Österreich, Georg Pölzl, im Gespräch mit dem KARRIERENSTANDARD die heftigen Proteste inklusive Streikbereitschaft der Telering-Leute. Und: "Ich spreche hiermit die uneingeschränkte Zusage aus, dass hitzige Reaktionen nicht geahndet werden." Er schätze Begeisterung, sagt er. Emotionen seien ihm vertraut und seine Überzeugung sei: "Die Menschen wollen etwas Positives bewegen."

Über den Mitteleinsatz zur Beruhigung der Situation, kolportiert werden einige Monatsgagen Prämien für die Belegschaft und einige Millionen für das Management, sagt er nichts: "Aber wenn Erfolgshonorare gerechtfertigt sind, dann ist das in Ordnung."

Dass er nun aus Gegnern am Markt mit starker Markenidentifikation ein neues Team bauen muss, sieht er wohl als schwierige Aufgabe. Sein Weg: "Kommunikation. Das klingt zwar banal, aber ich werde so früh wie möglich mit den Telering-Leuten Aussprachen führen", kündigt er an. Dabei wird er auch psychologisches Geschick brauchen.

Kein "weißer Ritter"

Dass er nicht als weißer Ritter empfangen werden wird, ist ihm klar. "Es geht jetzt um Vertrauen in mich und Vertrauen in die Professionalität." Pölzl: "Die Größe der Aufgabe und den Faktor Mensch darf man nicht bagatellisieren." Seine Botschaft: "Unser Weg ist kein destruktiver, sondern ein positiver." Was tut er gegen die Verunsicherung, die auch durch die Ankündigung rund 15-prozentiger Reduktion der Gesamtbelegschaft (2200 Menschen) und Angst vor dem Ende der "Ruhephase" nach Weihnachten entstanden ist? "Die Reaktion ist verständlich. Ich habe überhaupt keine Ambitionen, irgendwo verfrüht einzugreifen." Mit Missfallen merkt er an, dass "Verunsicherungen in Umbruchsituationen ja von allen möglichen Interessengruppen auch benutzt" und damit verstärkt würden.

Heikel in jedem Fall: Die Mitbewerber angeln schon fleißig nach Telering-Kunden, die es nun zu halten gilt. Pölzl: "Dazu brauchen wir den Input der Telering-Mannschaft. Die kennen ihre Kunden besser als wir. Dann ist die Integration über alle Geschäftsfelder natürlich eine Riesenherausforderung."

Wie sind da die mittelfristigen Pläne, nachdem vorerst ja Marken- und Preisgefüge nicht verändert werden sollen? "Dafür gibt es keine Patentlösung", sagt Pölzl auch aus seiner Vorgeschichte als Unternehmensberater. Zuerst sollen die Telering-Leute "ihren Urlaub genießen, das haben sie sich verdient". (Karin Bauer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13./14./15.8.2005)