Solche Töne hätte man von Präsident Viktor Juschtschenko nicht erwartet. Ein "Auftragsmörder" sei der Journalist, der die Geschichte über seinen 19-jährigen Sohn Andrej aufbauschte und nach dessen Geldquelle fragte. Andrej, der ein üppiges Leben führt, hatte einen sündteuren BMW M6 verkehrsbehindernd geparkt. Die Ukraine hätte Wichtigeres zu diskutieren, als den Größenwahn eines Pubertierenden zur Staatsaffäre aufzublasen. Aber das Volk, das wochenlang in eisiger Kälte die Revolution durchgetragen hat, ist feinfühliger geworden für die Machenschaften der Herrscherklasse. Dass sie dieser auch medial auf die Finger schaut, ist in der Tat eine der großen Errungenschaften des Systemwechsels.

Seit einem halben Jahr nun regiert der Revolutionsblock. Juschtschenko resümierte kürzlich: "Bei einer ziemlich großzügigen Sozialpolitik konnten wir die hohen Kennziffern halten." Für ein Revolutionsjahr ist das prognostizierte Wirtschaftswachstum 2005 von 6,5 Prozent beachtlich, wenn auch nur noch halb so hoch wie 2004. Der neuen Führung gelang es nicht, ein attraktives Investitionsklima zu schaffen. Die Pensionszulagen waren zwar populär, zeigten aber Folgen: Die Inflation bei den Verbraucherpreisen entwertete die Sozialleistungen fast zur Gänze.

Kritisiert wird auch, dass Posten je nach Loyalität zur Revolutionszeit vergeben wurden und sich die Führung wie früher mit der Lösung korporativer Interessen beschäftigt. Juschtschenko hat zudem die Rechte auf die orange Revolutionssymbolik für sich und seine Kinder gesichert - aus juristischer Notwendigkeit, sagt sein Pressedienst; aus Eigennutz, sagen die ehemaligen Weggefährten.

Indes hat der Wahlkampf für die Parlamentswahlen im März 2006 begonnen - zuletzt mit russlandfreundlichen Tönen an die Adresse des russischsprachigen Elektorats im Osten des Landes. (DER STANDARD, Printausgabe, 13.8.2005)