Vergangenen Dienstag hat die Regierung auf einen
Einspruch gegen die niederösterreichische Handymasten-Steuer
verzichtet. Vizekanzler und Infrastrukturminister Hubert Gorbach (B)
war mit seiner Forderung beim Koalitionspartner ÖVP abgeblitzt.
Gorbach versucht nun, über die Medien weiter Stimmung gegen die
Steuer zu machen. Erst am Samstag hatte er betont, dass das
niederösterreichische Sendeanlagenabgabegesetz vor dem Europäischen
Gerichtshof (EuGH) nicht standhalten werde. Am Montag veröffentlichte
er "neun Gründe" zur Rücknahme der Steuer. Die schon davor bekannte
Hauptaussage: Telefonieren werde dadurch teurer werden.
"Bedenklich"
Laut Gorbach ist das Sendeanlagenabgabegesetz
"verfassungsrechtlich bedenklich", weil es die Interessen des
Bundesgesetzgebers zum Mobilfunkausbau konterkariere, widerspricht
dem europäischen Gemeinschaftsrecht, weil es bestimmte Sendeanlagen
von der Abgabenpflicht ohne erkennbare sachliche Rechtfertigung
ausschließe, belastet bereits getätigte Infrastrukturinvestitionen
und ignoriert die technische Machbarkeit der angepeilten
Zusammenlegung von Standorten (Site-Sharing). "Je mehr Betreiber
einen Maststandort gemeinsam nutzen, umso höher muss der Mast sein.
Solche hohen 'Super-Standorte' stehen häufig im Konflikt mit dem
Schutz des Ortsbildes", kritisiert Gorbach.
Weiters, meint er, würde die Abgabe trotz teilweiser Kompensation
durch Site-Sharing zu Mehrkosten für die Mobilfunkbetreiber führen.
Die der Lenkungsabgabe zu Grunde liegenden ökonomischen
Untersuchungen würden wesentliche Kostenaspekte - insbesondere
Abbaukosten für bestehende Infrastruktur - ausklammern. Allein für
Niederösterreich sei mit jährlichen Mehrkosten in der Höhe von 46 bis
57 Mio. Euro zu rechnen. Die kumulierten Mehrkosten bei einer
Einhebung der Abgabe über vier Jahre beliefen sich auf 154 Mio. bis
194 Mio. Euro. Hochrechnungen für ganz Österreich würden eine
entsprechende jährliche Mehrbelastung in Höhe von 238 bis 301 Mio.
Euro, auf vier Jahre gerechnet 800 Mio. bis über eine Mrd. Euro für
die österreichische Mobilfunkbranche ergeben.
Keine Abdeckung
Eine Studie zeige, dass die entstehende Kostenbelastung durch
einzelne Mobilfunkbetreiber nicht getragen werden könne. Eine
Hochrechnung auf Österreich zeige, dass die Abgabe die
Betriebsgewinne (EBIT) der Unternehmen um bis zu 360 Prozent
übersteigen würde. Die Wirtschaftlichkeit einzelner
Mobilfunkunternehmen würde dadurch "existenziell bedroht", glaubt
Gorbach. Die Folge, meint er, wären Sparmaßnahmen aller Betreiber,
Sendemasten würden abgebaut und die Mobilfunkversorgung ländlicher
Gebiete verschlechtert.
Außerdem würden die mit der Abgabe verbundenen höheren Kosten zu
einer stärkeren Erhöhung der Tarife führen und damit "zur
Verschlechterung der Standortattraktivität" Österreichs, meint der
Infrastrukturminister.
Ablauf
Die niederösterreichische Handymasten-Steuer tritt mit 1. Jänner
2006 in Kraft. Die Mobilfunkbetreiber haben bereits vergangene Woche
höhere Tarife ab Anfang 2006 und eine "Redimensionierung ihrer Netze"
angekündigt. Im Gegensatz zu Gorbach glaubt das Land
Niederösterreichs, dass die Abgaben in "vollem Einklang mit der
Bundesverfassung" steht und auch EU-konform ist. Deklariertes Ziel
ist, die gemeinsame Nutzung von zwei Drittel aller Sendeanlagen zu
erreichen. Laut dem Klubobmann der niederösterreichischen ÖVP, Klaus
Schneeberger, haben die Mobilfunkbetreiber bis 15. Juli 2006 Zeit,
das vom Land NÖ gesteckte Ziel umzusetzen. Dann würde das Gesetz mit
einem Landtagsbeschluss wieder aufgehoben.
(APA)