Witten - Die Zahnbürste war vor 1.500 Jahren noch nicht
erfunden - und trotzdem kannten die Menschen damals keine
Kariesprobleme. Das hat der Zahnmediziner Wolfgang Arnold von der
Universität Witten/Herdecke herausgefunden. Der Professor untersuchte
die sterblichen Überreste von Menschen, die zwischen dem fünften und
neunten Jahrhundert auf Gräberfeldern bei Kharkov in der Ukraine
beigesetzt worden waren. "Die hatten alle kein Karies, obwohl sie
sich sehr unterschiedlich ernährt haben", sagte Arnold.
Die Ernährung der frühmittelalterlichen Menschen ist an ihren
Zähnen noch gut zu erkennen: "Wir haben im Prinzip zwei Gruppen: Die
einen haben sich vorwiegend von Getreide ernährt. Deren Zähne waren -
wie man so sagt - bis auf die Felge abgekaut", erklärte der Experte.
Denn das Getreide sei in Sandsteinmühlen gemahlen worden, und das
grobe Getreidemehl habe die Zähne runtergeschliffen. Die andere
Gruppe habe weichen Fisch und weiches Fleisch gegessen, was die Zähne
kaum abnutze. Spuren von Karies seien bei beiden Gruppen nicht
gefunden worden.
Hart zu kauen
Für Arnold bleibt nur eine Erklärung: "Unsere Ernährung heute ist
schuld. Früher haben sich die Zähne noch beim Kauen selber reinigen
können, weil viel mehr rohe und harte Gegenstände gekaut werden
mussten." Heute seien viel mehr Kohlenhydrate in der Ernährung
versteckt, und sie sei weicher. "Wer isst schon wirklich viel rohes
Gemüse oder Müsli, das nicht in Milch eingeweicht ist?", fragte der
Wissenschafter.
Das Getreide beziehungsweise die darin enthaltenen Kohlenhydrate
hätten die Zähne zwar auch schädigen können. Aber die übrige
Ernährung habe das ausgeglichen. Mehr Rohkost - so lautet die
Empfehlung des Professors für die richtige, zahngesunde Ernährung.
"Wir essen zu viel Fast Food und Tiefkühlkost. Selber frisch kochen
und nicht alles tot kochen, das hilft viel." Außerdem riet er, zwei
bis drei Mal pro Tag die Zähne mit der Bürste zu reinigen und
regelmäßig Fluor zuzuführen, um die Zähne zu schützen. (APA/AP)