Wien - Die viel beklagte Überlastung des Unabhängigen Bundesasylsenats (Ubas) - der Berufungsinstanz in Asylverfahren - gründe weitgehend auf der "unzureichenden Beweiswürdigung" in den Bundesasylämtern, der Instanz darunter: Das erläutert die Wiener Rechtsanwältin und Obfrau des Vereins SOS-Menschenrechte, Nadja Lorenz, am Beispiel eines jungen, schwulen Iraners, der im Bundesasylamt Traiskirchen kein Asyl bekam.

Dabei hatte Roholla T. (20) bei seiner niederschriftlichen Einvernahme freimütig die Umstände seiner Flucht aus der Islamischen Republik geschildert. Sein Vorgesetzter habe ihn in der Duschkabine des Mannschaftsraums eines Schwimmbads in der Stadt Isfahan mit einem Freund in flagranti ertappt: "Ich wusste, dass ich mit einer heftigen Strafe zu rechnen hatte ... Ich hatte Angst vor einer Steinigung", erzählte der Student und ausgebildete Rettungsschwimmer. Im Iran steht auf praktizierte Homosexualität die Todesstrafe.

Die Asylbeamtin jedoch glaubte T. nicht: "Kein Homosexueller im Iran", so stellte sie schriftlich fest, "würde das Risiko eingehen, Geschlechtsverkehr in der Dusche eines öffentlichen Schwimmbads zu haben" - zumal im Iran "jeder Homosexuelle" wisse, welche Strafe er zu erwarten habe. Eine Begründung, die Lorenz "wirklich empört. Beweiswürdigung - etwa mittels Bezugnahme auf frühere Fälle oder weiterführender Ermittlung - findet keine statt".

Auf diese Art seien "rein persönliche Einschätzungen, ja Vorurteile" für den Spruch des Bundesasylamts bestimmend. Ein "Mangel an Qualität", den wie so oft erst der Ubas beheben werde. (DER STANDARD, Print, 16.8.2005)