Die Deutsche Telekom und die niederländische KPN haben einen milliardenschweren Übernahmeplan für den britischen Mobilfunkkonzern O2 fallen gelassen. Sondierungsgespräche über ein gemeinsames Angebot seien ergebnislos beendet worden, teilte die Deutsche Telekom am Dienstag an der Londoner Börse mit. Die Pläne, ein Angebot für Europas sechstgrößten Mobilfunkbetreiber vorzulegen, seien damit ad acta gelegt. Die Übernahme hätte ein kolportiertes Volumen von etwa 14 Mrd. Pfund (20,4 Mrd. Euro) gehabt.

Knackpunkte

Weder KPN noch die Deutsche Telekom nannten Gründe, warum die Gespräche beendet wurden. Als wahrscheinliche Knackpunkte sehen Branchenkenner die UMTS-Lizenzen von O2 und die Aufteilung des Kaufpreises unter den beiden Konzernen.

Damit ist auch eine Neuordnung der deutschen Mobilfunkbranche vorerst vom Tisch, über die seit langem spekuliert wird. Einer Mitteilung von KPN an die LSE zufolge hätte die deutsche KPN-Tochter E-Plus bei erfolgreichem Abschluss des Deals das O2-Geschäfte in Deutschland übernommen. "Die Transaktion, die von KPN erwogen wurde, war die Übernahme der deutschen Geschäfte von O2", hieß es darin.

Trotz des Abbruchs der Gespräche gab sich KPN zuversichtlich, durch organisches Wachstum sein Geschäft in Deutschland voranbringen zu können. Die Tochter E-Plus ist derzeit Nummer 3 am deutschen Markt. O2 Deutschland hatte als viertgrößter Netzbetreiber mit hohem Kundenzuwachs zuletzt kräftig aufgeschlossen. Gemeinsam würden sie auf fast 25 Prozent Marktanteil kommen.

Abstand

Zu T-Mobile (38 Prozent) und Vodafone D2 (37,4 Prozent) bliebe jedoch ein deutlicher Abstand. Der Deutschen Telekom wäre es daher vor allem um O2 in Großbritannien gegangen, verlautete in Branchenkreisen.

Die Telekom-Tochter T-Mobile hätte mit O2 in Großbritannien ihrem Geschäft einen Schub verpasst, nachdem sie im zweiten Quartal 2005 in Großbritannien Umsatz- und Kundenrückgänge verzeichnete. T-Mobile würde sich mit O2 von den Konkurrenten Vodafone und Orange/France Telecom absetzen. Auf dem britischen Markt kämpfen derzeit fünf Mobilfunkanbieter um neue Kunden, von denen vier nahezu gleich groß sind. T-Mobile UK besitzt aktuell 16,1 Millionen Kunden (Ende Juni).

Einem Pressebericht zufolge wollten die Deutsche Telekom und KPN angeblich bis zu 14 Milliarden Pfund (20,4 Mrd. Euro) für ihren britischen Mobilfunk-Konkurrenten zahlen. An der Börse wird O2 gegenwärtig mit 12,7 Mrd. Pfund bewertet. O2 gilt schon seit längerem als heißester Übernahmekandidat in der europäischen Mobilfunkbranche, da er unabhängig und zugleich relativ klein ist. KPN hatte im Frühjahr eine alleinige Übernahme von O2 versucht, von den Plänen aber wieder Abstand genommen. Auch bei der Deutschen Telekom sind die Überlegungen zu O2 nicht neu. So wurde bereits intern ein Erwerb von O2 zusammen mit der spanischen Telefonica durchgespielt.

"Man darf jetzt nicht die selben Fehler machen wie früher, der Schuldenabbau muss weiter gehen"

Aktionärsschützer sehen die Übernahme-Überlegungen der Deutschen Telekom mit gemischten Gefühlen. "Man darf jetzt nicht die selben Fehler machen wie früher, der Schuldenabbau muss weiter gehen", sagte der Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Jürgen Kurz. Anderseits habe die Deutsche Telekom durch den Abbau von Schulden wieder Spielraum gewonnen. "Der Konzern hatte das Phänomen eines überschuldeten Staates, der von der Zinslast erdrückt wird", schilderte Kurz. In der europäischen Telekommunikationsbranche stehe der Konsolidierungsprozess mit Großübernahmen wahrscheinlich erst an.

In Österreich hatte die Deutsche Telekom-Tochter T-Mobile erst vergangene Woche den viertgrößten Mobilfunkanbieter tele.ring für 1,3 Mrd. Euro geschluckt. T-Mobile Austria hat damit seine Position als Nummer Zwei am Markt deutlich ausgebaut. Mit nunmehr drei Millionen österreichischen Kunden haben die Deutsche bereits beinahe auf Marktführer Mobilkom Austria (A1) aufgeschlossen.(APA/dpa/Reuters)