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Bundeskanzler Schüssel ist ein intelligenter Mann. Deshalb ist seine Erklärung für den Anstieg der österreichischen Arbeitslosigkeit geradezu eine Beleidigung der Intelligenz derer, an die sich diese Erklärung richtet. Hartz IV soll am Problem der österreichischen Arbeitslosigkeit schuld sein.

Hartz IV ist im Jänner 2005 in Kraft getreten. Die österreichische Arbeitslosigkeit steigt jedoch bereits seit 2000, zunächst stark (zwischen 13 Prozent und 23 Prozent gegenüber dem jeweiligen Vorjahresmonat) und dann weniger stark, im Juli 2005 allerdings wieder stärker (5 Prozent gegenüber Juli 2004). Der Anstieg im Jahr 2005 war nicht mehr dramatisch, sieht man vom Juli ab.

Es gibt auf der Hand liegende Gründe für die österreichische Entwicklung:
  • So hat etwa die Pensionsreform dazu geführt, dass ältere Arbeitnehmer länger arbeiten müssen. Das hat dazu beigetragen, dass die Altersarbeitslosigkeit gestiegen ist. Wer stellt schon einen 56-Jährigen ein? Früher wären diese am Arbeitsmarkt chancenlosen älteren Arbeitnehmer in Frühpension gegangen. Das war teuer, hat aber zu weniger Arbeitslosigkeit beigetragen. Die älteren Arbeitnehmer, die nun tatsächlich länger arbeiten versitzen nun aber vielfach den Jungen den Arbeitsplatz. Konsequenz: ein dramatischer Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit (gegenüber Juli 2000 +23.773 oder +87 Prozent).
  • Die Bundesregierung hat die Zahl der Saisoniers, einer Gruppe besonders rechtloser Arbeitnehmer, die es daher billig geben müssen, deutlich ausgeweitet (+14.000 gegenüber dem Jahr 2000).
  • Mit den Stimmen der Regierungsparteien wurde die Möglichkeit der zahlenmäßigen Begrenzung von Arbeitspendlern abgeschafft, ohne dass wirksamer Ersatz geschaffen worden wäre.
  • Und es gibt einige Gründe, die im Bereich der Wirtschafts- und Steuerpolitik dieser Regierung liegen. Darauf habe ich vorige Woche hingewiesen (siehe dazu: Arbeitsmarktmilliarde)

    Und jetzt sollen also die Deutschen schuld sein. Ja, es ist wahr, die Zahl der "Gastarbeiter" aus Deutschland hat stark zugenommen. Sie haben zumeist andere Ausländer von schlecht bezahlten Tourismusjobs verdrängt. Das ist eine Konsequenz der vom mittlerweile geschassten VW-Personalvorstand entwickelten Reform nach dem Motto: man muss den Arbeitslosen nur ordentlich Feuer unterm Hintern machen.... Dass das bei einem Stellenandrang von etwa 20:1 – auf jede offene Stelle kommen 20 Arbeitslose! - das Problem der deutschen Arbeitslosigkeit nicht lösen konnte, war von Anfang an klar. Das Problem der Manager kann so besser gelöst werden: Arbeitnehmer müssen es billiger geben. Und ein paar gehen ins Ausland. Aber die österreichische Arbeitslosigkeit ist weitestgehend hausgemacht.

    P. S.: Veit Sorger, der Präsident der Industriellenvereinigung, scheint auch von Hartz zu träumen, wenn er fordert, die Arbeitslosen selbst müssten stärker in die Pflicht genommen werden. Vielleicht hilft ihm ein Blick in das Arbeitslosenversicherungsgesetz. In Österreich verlieren Arbeitslose schon längst den Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn sie angebotene und zumutbare Arbeit nicht annehmen.