Wien - Die Wiener Stadtzeitung "Falter" berichtet in ihrer morgen Mittwoch erscheinenden Ausgabe über vertrauliche Dokumente und Konten, die Zahlungen der Industriellenvereinigung an den ehemaligen Kabinettchef des Verkehrsministeriums, Hans-Jürgen Miko belegen sollen. Der Ex-Kabinettchef räumt dabei "schiefe Optik" ein, die IV dementiert Zahlungen.

Brisante Dokumente

Dem "Falter" liegen ein paar bislang unbekannte Honorarnoten vor, die Mikos Absender und seine persönliche Unterschrift tragen. Für das "Erstellen von Studien" stellte er beachtliche Summen in Rechnung. Am 11. Oktober und 22. November 2001 bat der Kabinettchef um Überweisung von je 300.000 Schilling, am 26. November und vierten Dezember um je 150.000 Schilling und am 25. Jänner 2002 noch einmal um 120.000 Schilling. Zwei Kontoauszüge zeigen, dass 300.000 Schilling überwiesen wurden. Als Kabinettchef verdiente Miko rund 4500 Euro netto. Eine Genehmigung für diese Nebentätigkeit lag nicht vor.

Verein zur Förderung von ...

Die Honorarnoten wurden an die Firma "Best Practice", gerichtet. Dieser "Verein zur Förderung der Dynamisierung des Wirtschaftsstandortes Österreich" residierte im vierten Stock der Zentrale der Industriellenvereinigung am Schwarzenbergplatz. Auf der Homepage, an der zur Zeit "Wartungsarbeiten" vorgenommen werden, die Domain gehört übrigens der Industriellenvereinigung – erklärte man laut "Falter" ein "der Industriellenvereinigung angeschlossenes Institut" zu sein, das "Synergien in den Bereichen Politik und Wirtschaft" schaffen wolle.

Langjährige IV-Mitarbeiterin im Vorstand

Es sollten "neue Plattformen der Kommunikation zwischen Unternehmensführern, Politikern, Experten und Meinungsbildnern" gebaut werden. Im Vorstand dieser "Plattform" sitzt Barbara Kappel, eine langjährige Mitarbeiterin der IV und heute laut eigenen Angaben nur noch als Büroleiterin des Dritten Nationalratspräsidenten Thomas Prinzhorn tätig (auch der sitzt im Vorstand der IV). Prinzhorn ist Kappels Trauzeuge und Kappels Ehemann arbeitet bei der Personalberatungsfirma "Zehnder", die nach der Wende im Auftrag des Finanzministeriums (und auf Wunsch Prinzhorns) "objektiv" nach dem neuen Vorstand der Verstaatlichten-Holding ÖIAG suchte. Den Zuschlag für die Industriejobs erhielten jene Manager, die von den Medien als "Verein der Freunde Prinzhorns" bezeichnet wurden. Der Rechnungshof rügte die Verträge des neuen Managements als rechtswidrig. Die Opposition beklagte "Umfärbungen" der Staatsbetriebe.

Miko gesteht "schiefe Optik" ein

Miko ist die Sache "rückwirkend betrachtet" unangenehm. "Die Optik ist schief, das gebe ich schon zu", sagt er zum "Falter". Er habe jedoch nichts Unrechtes getan. "Best Practice" habe ihn schon zwei Monate vor seiner Bestellung als Kabinettchef – im November 2000 – mit der Erstellung einer Studie über "Business Opportunities" in Osteuropa beauftragt. Tatsächlich existiert in der Buchhaltung von "Best Practice" ein Vertrag, der mit November 2000 datiert ist.

Warum gerade er auserwählt wurde? Er kenne Kappel schon aus früherer Zeit aus seinem Engagement in der Industriellenvereinigung, er verfüge über "ausgezeichnete wirtschaftliche Kontakte" nach Osteuropa und hätte in seiner, übrigens "in Englisch verfassten Studie" (Miko) brisante Daten über die Chancen der Papier- und Bauindustrie gepackt. Das vereinbarte Honorar habe 600.000 Schilling betragen. Leider sei Miko dann ob des beruflichen Zeitdrucks nicht mehr dazu gekommen, die Studie zu beenden. Daher seien nur 300.000 Schilling (für einen von drei Teilen der Studie) überwiesen worden. Er könne die Studie nicht vorweisen, denn er habe sich verpflichten müssen, kein Exemplar zu behalten – "wegen der sensiblen Daten". Und die anderen Honorarnoten? Miko: "Das kann ich mir nicht erklären. Vermutlich sind es Fälschungen." Er habe nur eine Rechnung über 300.000 Schilling an "Best Practice" geschickt.

Kappel will "transparent aufklären"

Auch Kappel sieht auch eine "schiefe Optik, aber keinen Skandal". Sie will den Fall "ganz transparent aufzuklären". Heute, mit dem Wissen um den Wirbel im Fall Grasser, würde sie einem Kabinettchef freilich kein Geld mehr überweisen. Kappel zeigt auch die Studie, die Miko verfasst haben soll. Es ist ein – übrigens in Deutsch – gehaltenes dünnes Skriptum (Kappel auf Nachfrage: "Wir haben die Studie übersetzt"). Sie enthält allgemein gehaltene volkswirtschaftliche Daten und einen Überblick über die Rechtslage in osteuropäischen Ländern. Brisante Informationen über die Papierindustrie sind auf den ersten Blick nichts zu finden. "Ich war mit der Studie zufrieden", betont Kappel. Es seien 720.000 Schilling vereinbart worden. Davon seien aber nur 300.000 Schilling ausbezahlt worden, weil nur ein Teil geliefert wurde. Kappel zeigt zwei Honorarnoten Mikos zu je 150.000 Schilling. "Mehr haben wir nicht bezahlt."

Vermerk: "Sonderzahlungen für Projekte"

Den Vermerk, der auf den dem "Falter" vorliegenden Dokumenten zu finden ist "damit Miko (als Kabinettchef, Anm. der Red.) auf eine ähnliche Summe wie in der Privatwirtschaft kommt, einigte man sich unter anderem auf Sonderzahlungen für so genannte Projekte" weisen sowohl Miko als auch Kappel zurück.

Industriellenvereinigung: Keine Leistung und keine Zahlung

Der Sprecher der Industriellenvereinigung, Raphael Draschak, meint gegenüber dem "Falter", die IV habe mit "Best Practice" kooperiert, doch Studien von Ex-Kabinettchef Miko seien der IV nicht bekannt. Es habe überhaupt keine Leistung von Miko an die IV gegeben. Daher seien auch keine IV-Mittel an ihn geflossen. Lorenz Fritz, damals Chef der IV sagt: "Wenn tatsächlich Studien von einem Kabinettchef gekauft worden wären, wäre das ein klarer Regelverstoß gewesen. Das wäre nicht mehr in der Grauzone."

Mayer: "Höchst bedenklich"

Verfassungsprofessor und Transparency-International-Vertreter Heinz Mayer meint schließlich im "Falter": "Wenn man davon ausgeht, dass diese Studien mit seinem persönlichen Wirkungsbereich zu tun haben, dann ist das höchst bedenklich. Geldflüsse von einer privaten Organisation in den unmittelbaren Wirkungsbereich eines Ministers – und ein Kabinettchef steht nun einmal im unmittelbaren Bereich - sind auf jeden Fall verdächtig, weil man dahinter den Versuch einer Einflussnahme sehen kann."

Der gesamte Bericht erscheint in der kommenden Ausgabe der Wiener Stadtzeitung "Falter" .