Bild nicht mehr verfügbar.

Ein Sieg über Russlands Bolschewiken, ein Feiertag für die Polen. Am Montag zelebrierte die polnische Regierung Russlands Niederlage im Jahr 1920.

Foto: AP/CZAREK SOKOLOWSKI
Durch besondere Fremdenfreundlichkeit hat sich Russland auch früher nicht ausgezeichnet. Wie nun aber das Meinungsforschungsinstitut Levada-Centr eruierte, ist die Xenophobie seit Putins Machtantritt 1999 bedeutend gestiegen. Auch das Moskauer Büro für Menschenrechte lieferte erschreckende Daten: Zehn Morde und über 200 Körperverletzungen gehen im ersten Halbjahr 2005 auf das Konto russischer nationalistischer Gruppierungen.

Besondere politische oder gesellschaftliche Aufmerksamkeit erregen diese Fakten nicht. Größer ist die Resonanz auf, die - wohlgemerkt: nichtrassistischen - Attacken auf Russen in Polen und Polen in Russland. Am 31. Juli waren drei russische Diplomatenkinder in Warschau attackiert worden. Moskau protestierte gegen diesen "unfreundlichen Akt", Warschau verweigerte eine von Putin geforderte offizielle Entschuldigung, kündigte aber Aufklärung an.

Dann ging es Schlag auf Schlag: Unbekannte überfielen in Moskau den russischen Fahrer der polnischen Botschaft, Tage darauf schlugen sie einen polnischen Botschaftsmitarbeiter krankenhausreif, danach einen hochrangigen polnischen Diplomaten, schließlich einen polnischen Journalisten.

Es seien "organisierte Überfälle", sprach Polens Präsident Alexander Kwasniewski seinen Landsleuten aus der Seele. Manch einer fühlt sich an die rächende Faustdiplomatie zu besten KGB-Zeiten erinnert. Nach einem Krisentelefonat zwischen Putin und Kwasniewski sah der Kreml keine Hinweise, dass sich das politische Verhältnis zwischen Polen und Russland verschlechtert habe, Kwasniewski aber warnte vor Eskalation und Feindseligkeit. Die freilich ist zwischen beiden Staaten ohnehin vorhanden. Über Jahrhunderte führte man Kriege, nicht ohne Stolz sagen die Polen, dass sie als einzige jemals den Kreml okkupierten (17. Jahrhundert).

Das ist den Russen bis heute ein Dorn im Auge, und erst im Vorjahr wurde der russische Nationalfeiertag vom 7. November auf den 4. November verlegt, den Tag der Vertreibung der polnischen Okkupanten. Dazu identifiziert Russland Polen als Brutstätte revolutionärer Ideen: ob Solidarnosc-Bewegung oder der katholische Papst Johannes Paul II., schließlich Kwasniewskis führendes Engagement bei der orangen Revolution in der Ukraine.

In Polen wiederum ist man hellhörig gegenüber Russlands imperialen Reflexen. So irritierte Putin Warschau, als er die Akten zur Ermordung polnischer Offiziere in Katyn durch Stalintruppen wieder unter Verschluss nahm.

(DER STANDARD,Print, 17.8.2005)