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Der erste für Patienten zugelassene implantierbare Mikrochip ist etwa doppelt so lang wie ein Reiskorn.

Foto: AP/Jose Luis Magana
Technologien, um Patientendaten auf Mikrochips zu speichern, boomen. Was in Österreich die neue E-Card kann, wird in den USA unter die Haut implantiert: vorerst als Test an Freiwilligen. Erste Bilanzen von US-Kliniken liegen nun vor.

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Washington/Wien - Name, Adresse, Geburtsdatum, Blutgruppe, Allergien, ererbte und erworbene Krankheiten, derzeitige Medikation, eingepflanzte Schrittmacher und Gewebeersatz samt Angaben über die Hersteller: auf einem Mikrochip gespeichert und mit speziellen Scannern von Ärzten ablesbar. Diese Methode - wenngleich mit geringerem Datenumfang - wird in Österreich gerade mit der neuen E-Card eingeführt. In den USA hingegen wird zur Patientendatenspeicherung eine neue Technologie getestet, die buchstäblich unter die Haut geht: Dort werden Chips freiwilligen Patienten implantiert. Die Kritik gleicht der in Österreich: Es geht primär um den Datenschutz.

Die mit einigen technischen und administrativen Hoppalas versehene Einführung der E-Card in Österreich ist nach wie vor auch von Sicherheitsfragen begleitet: Können die Daten im Fall des Verlustes oder Diebstahls der Karte von Dritten gelesen werden? Wer aller hat Zugriff auf die Infos?

Im Gegensatz zum blassblauen Plastik kann der "Verichip", von Applied Digital Solutions in Florida hergestellt und von der US-Gesundheitsbehörde FDA zugelassen, nicht abhanden kommen. Das auf "Radio Frequency Identification"-Technologie (RFID) basierende Gerät ist knapp doppelt so lang wie ein Reiskorn und wird unter lokaler Betäubung unter die Haut in den Oberarm implantiert. Die Glaskapsel enthält Sender, Empfänger und Speicher und braucht nicht einmal eine Batterie: Das elektromagnetische Feld eines Lesegeräts strahlt genügend Energie ab, um die Daten aus dem Chip zu ziehen. Die Daten - das ist ein 16-stelliger Zahlencode. Dieser, vom Arzt mit einem Kennwort in eine zentrale Datenbank eingegeben, spuckt am Computer die gesamte Krankenakte des Patienten aus.

Das System wird derzeit an fünf US-Kliniken getestet, darunter das renommierte Beth Israel Deaconess Medical Center der Havard University in Boston. Der dortige Versuchsleiter, John Halamka, zog nun im New England Journal of Medicine eine erste Bilanz.

Fast keine Abstoßung

Eine Spezialbeschichtung mit Polypropylen verhindere, dass sich der Chip selbstständig mache und im Körper auf Reisen geht. Und auch das Abstoßungsrisiko läge nach bisheriger Erfahrung vermutlich unter einem Prozent. Menschen mit Alzheimer, Diabetes, Herzkrankheiten und anderen Leiden könnten im Notfall - so sie bewusstlos sind oder sich nicht mehr erinnern können - schnell identifiziert werden. Eine raschere Therapie, abgeglichen mit der Krankengeschichte, daher nicht kontraproduktiv, sei möglich.

Kritiker hingegen führen ins Treffen, dass solche RFID-Chips sehr leicht nachzubauen und zu manipulieren seien, sodass niemand damit eindeutig zu identifizieren sei. Auch sei die Speicherung der Krankengeschichten in einer zentralen Datenbank anfällig für Hacker. Vor einem großflächigen Einsatz der Methode müssten erst die Sicherheitslücken geschlossen werden.

Derzeit haben etwa 3000 Patienten in den USA einen solchen, je 200 Euro teuren Chip implantiert. Der Hersteller will in den nächsten Monaten weitere 200 US-Spitäler kostenlos mit den Lesegeräten für den Chip ausrüsten. Auch die Beantragung einer Zulassung für Europa ist geplant. Wann, steht derzeit noch nicht fest. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17.08.2005)