Brüssel/Wien - Luftfahrtexperten warnen davor, dass nach dem mysteriösen Absturz der Helios Air Boeing 737-300 eine voreilige Diskussion über die Sicherheit von Charterfluglinien losgetreten werde. Zu schnell werde nach "schwarzen Listen" der fragwürdigen Fluglinien gerufen. Bei der IACA in Brüssel, der Vereinigung der europäischen Charterfluglinien, zu welcher auch seit Kurzem die österreichische Gesellschaft FlyNiki zählt, betont man, dass eine europäische Airline eigentlich nicht auf so einer Liste aufscheinen könne, "da einem Unternehmen das AOC (Airline Operating Certification), also die Flugbetriebslizenz entzogen wird, wenn es zu Beanstandungen im Flugbetrieb kommt", so ein Sprecher auf Anfrage des STANDARD. Zur IACA zählen 37 renommierte Charterlinien, oder wie IACA bevorzugt betont: "Leisure-oder Ferienfluglinien".

Helios auf keiner "Blacklist"

Bei der IACA betont man weiters, dass "Blacklists" von jeweiligen Staaten unterschiedlich gehandhabt werden und nicht standardisiert sind. Nach dem Absturz einer Chartermaschine der ägyptischen Flash Air (ebenfalls eine Boeing 737) vor zwei Jahren war die Luftlinie mit diesem Bann belegt worden. Dar Grund: Die Airline hatte in der Schweiz ihre Überfluggebühren nicht bezahlt. Der thailändischen Phuket Air wurde in London und Amsterdam ein Landeverbot erteilt, nachdem Lecks in Treibstofftanks von Passagieren bemerkt wurden. Helios, kein Mitglied der IACA, scheint noch auf keiner "Blacklist" auf.

Trotzdem: Manch fragwürdiges Unternehmen entsteht. In der Türkei etwa ist es relativ einfach, eine Fluglinie zu gründen. Das zeigt sich auch daran, dass nach der Sommersaison so manches Unternehmen wie Eintagsfliegen wieder verschwindet. Zahlreiche kleine Charterfluglinien haben ihre Flotten, ähnlich wie bei der Schifffahrt, in Billiglohnländern ausflaggen lassen - Ghana, Liberia, Sierra Leone oder Jordanien. Oftmals verfügen diese Gesellschaften über Maschinen aus fünfter oder sechster Hand und stellen ihre Kapazitäten dem Ad-hoc- Charterverkehr oder Reiseveranstaltern zur Verfügung.

Trotz strenger Sicherheitsvorschriften gibt es aber auch schwarze Schafe, die Ersatzteile auf Schwarzmärkten besorgen. Denn Fakt ist, dass der Kostendruck, vor der sensiblen Sparte Flugzeugwartung nicht Halt gemacht hat. Immer mehr Fluglinien lassen in jenen Teilen der Welt jene Wartungsarbeiten durchführen, die in Europa nicht mehr kosteneffizient eingekauft werden können. (Kurt Hofmann, DER STANDARD Printausgabe, 17.08.2005)