Hannover - Autobahnen verstopft, S-Bahnen überfüllt und nirgendwo ein Parkplatz frei - so stellen sich viele Hannoveraner die Nebeneffekte der Weltausstellung ab Juni vor. Verkehrschaos in unterschiedlichen Abstufungen kennen die Niedersachsen zu Messezeiten. Doch soll die Expo 2000 alles bisher da gewesene in den Schatten stellen. Damit der Verkehr trotzdem reibungslos fließt, haben Stadt, Land und Verkehrsbetriebe Milliarden investiert und erstellen spezielle Konzepte für den "Ausnahmezustand". Gut sechs Wochen vor dem Expo-Start gehen die Beteiligten gleichwohl davon aus, dass sie den erwarteten Besucheransturm bewältigen können: "Ich glaube, dass die Verkehrssituation weniger schlimm sein wird als zur Computermesse Cebit", prognostiziert Norbert Handke vom Unternehmen Move. Es soll während der Expo den Verkehr leiten und über Staus informieren. Kooperation In der Zentrale von Move arbeiten Behörden und Unternehmen eng zusammen. Ihr Ziel ist es, den Straßenverkehr so zu lenken, dass möglichst nur wenig Staus entstehen. Kameras beobachten deshalb ständig jeden Kilometer auf dem Messe-Schnellweg. Bei Bedarf werden Verkehrsbeeinflussungsanlagen rund um das Expo-Gelände so geschaltet, dass die Autofahrer ihre Geschwindigkeit drosseln müssen oder auch umgeleitet werden. Die niedersächsischen Radiosender sollen ständig über die Verkehrslage informieren. Zusätzlich können sich Messebesucher über eine spezielle Telefonnummer (0190/754 753) informieren. Move will erreichen, dass Besucher auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen und nicht mit den Auto zur Expo anreisen. Dazu setzt man vor allem auf den Kosteneffekt: Während die Anfahrt mit Bus oder Bahn im Eintrittspreis (69 Mark für eine Ein-Tages-Karte) enthalten ist, kostet das Parken auf einem der reservierten 25.000 Parkplätze am Messegelände 20 Mark. Ohne Reservierung muss man einen der 35.000 Park+Ride-Parkplätze im Raum Hannover ansteuern und per Zubringerbus oder Bahn zum Gelände fahren. Eine Studie hat gezeigt, dass etwa die Hälfte der Expo-Besucher mit dem Auto anreisen würde, wenn sie nicht rechtzeitig über die Parkplatzsituation informiert werden. Mit dieser Information soll es lediglich ein Drittel sein. Investitionen Mehr als eine Milliarde Mark haben allein die Hannoverschen Verkehrsbetriebe in neue Züge, einen Bahnhof, die Erweiterung des Netzes und eine neue Leitstelle investiert. Während der Weltausstellung sollen auf zwei Hauptstrecken täglich über 85.000 Expo-Besucher zum Messegelände transportiert werden. Dazu sind 130 bis 150 zusätzliche Fahrer der Stadtbahnen nötig, die teils noch eingestellt werden sollen. Die Kosten schlagen sich im Betriebsergebnis der Verkehrsbetriebe nieder. Zugleich erwarten die Verkehrsbetriebe aber keinen Gewinn für sich durch die Expo. Die vom Land und der Expo-Gesellschaft mit rund 84 Millionen Mark unterstützen Kombi-Tickets seien ein Zuschussgeschäft, betont Sprecher Dirk Sarnes. Auch bei den Bussen im Kommunalverband für den Großraum Hannover wird kräftig investiert. 70 Fahrer sollen bis Ende 2000 eingestellt eingestellt werden, 40 neue Fahrzeuge sind bereits angeschafft worden, berichtet Sprecherin Andrea Grätz. Expo-Zuschlag Die Deutsche Bahn AG [DBN.CN] ist derzeit nicht gut auf das Thema Expo zu sprechen. Nach dem Bekanntwerden ihrer Pläne für einen Expo-Zuschlag für alle ICE-Fahrten nach Hannover prüft das Bundeskartellamt, ob der Zuschlag rechtmäßig ist. Der Flughafen Hannover rechnet mit zusätzlich 1,2 Millionen Passagieren zur Expo. Zu normalen Zeiten sind es etwas mehr als fünf Millionen. Mit dem Bau eines dritten Terminals, an dem gleichzeitig 20 Flugzeuge andocken können, sei baulich alles für die Expo vorbereitet, erklärt die Flughafengesellschaft. 27 Prozent mehr Flüge werden erwartet. Allein die Deutsche Lufthansa plant 20 zusätzliche Flüge täglich für den Sommer. Insgesamt hofft der Flughafen Hannover während der Expo-Zeit täglich auf etwa 8000 Passagiere. Verteilungsfrage Die Verkehrsplaner erwarten ein anderes Besucherverhalten zur Expo als zu Messezeiten. Während Cebit-Besucher morgens alle gleichzeitig zum Messegelände strömten und die Straßen blockierten, kämen Expo-Besucher verteilt über den Tag, hoffen die Planer. Move empfielt den Hannoveranern, im Sommer früher zur Arbeit zu gehen, um dem Expo-Verkehr zu entgehen. Der Elektrokonzern Siemens habe für die Expo-Zeit eigens die Gleitzeit in Hannover frei gegeben, damit die Angestellten Staus aus dem Weg gehen könnten. Für Besucher, die sich auf Verkehrsleitanlagen und Radiodurchsagen nicht verlassen wollen, bietet die Expo im Internet zwei Fahrradrouten zum Expo-Gelände an. Auf 2300 Stellplätzen könnten Gäste ihre Fahrräder dann direkt vor den Expo-Eingängen parken. (Reuters)