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Günstige chinesische Textilwaren sind in der EU außerordentlich beliebt, die Behörden wollen aber Millionen Pullover und Hosen wegen Quotenüberschreitungen nicht mehr über die Grenzen lassen. Die Händler laufen dagegen Sturm.

Foto: APA/EPA/Olivier Hoslet
Die deutsche Modebranche zieht im Streit um die Einfuhrbeschränkungen für Textilien aus China vor das deutsche Bundesverfassungsgericht. Der Gelsenkirchener Modehersteller Gelco habe stellvertretend für zahlreiche betroffene Firmen Verfassungsklage gegen die von der Europäischen Union wieder eingeführten Quoten eingereicht, sagte Gelco-Geschäftsführer Jürgen Richter.

Auf seinem Firmengelände seien 38.000 Pullover aus China mit einem Verkaufswert von 2,5 Millionen Euro vom Zoll beschlagnahmt worden, weil die EU-Einfuhrquote überschritten sei. Die Ware sei bezahlt, dürfe jedoch nicht verkauft werden, klagte Richter. Der Modeverband German Fashion unterstützt die Klage.

Zunächst solle der Verkaufsstopp per einstweiliger Verfügung aufgehoben werden, verlangte Hauptgeschäftsführer Thomas Rasch in Köln. Die Branche sehe in der Entscheidung zur rückwirkenden Wiedereinführung der Textilquoten jedoch auch einen Verstoß gegen das deutsche Verfassungsrecht, wonach solch einschneidende Maßnahmen des Staates nicht rückwirkend gelten dürfen, erläuterte Rasch.

Kommission will nachbessern

Die EU-Kommission verhandelt mit China bereits über eine Flexibilisierung der Quoten und will nachbessern. Gespräche auf höchster Ebene von EU-Handelskommissar Peter Mandelson mit Vertretern in Peking kamen bisher allerdings nicht zustande. Mehrere Länder, unter ihnen Deutschland, Dänemark, Schweden und die Niederlande, wollen eine flexiblere Handhabung der seit Juni geltenden Importbeschränkungen.

Diese Begrenzungen waren erlassen worden, nachdem zu Jahresbeginn nach dem Wegfall des Quotensystems die Einfuhr von Textilien sprunghaft angestiegen ist. Damals regten sich die textilproduzierenden Unternehmen auf.

Nachschubprobleme

Nun klagen aber Handelsfirmen in ganz Europa über Nachschubprobleme in machen Bereichen, weil die Quoten für heuer zum Teil bereits ausgeschöpft sind. Dies ist bei Pullovern der Fall. So könnte es im Winter zu einem Engpass kommen.

Die EU-Kommission prüft nun, ob die Importzahlen dieser Textilprodukte auf das Jahr 2006 angerechnet werden können. Das würde die Quote für 2006 senken, aber der Handel hätte sechs Monate Zeit, sich darauf einzustellen, hieß es in Kommissionskreisen. Diskutiert wird auch die Umwidmung erlaubter Mengen von einer Produktgruppe in die andere.

Wegen des Einfuhrstopps dürfen EU-weit rund 69 Millionen aus China gelieferte Pullover und Hosen nicht verkauft werden. Sie sind vom Zoll in den einzelnen EU-Staaten beschlagnahmt worden. Der Großteil der Ware ist verschifft worden, als die nun erfolgte Ausschöpfung der Quote noch nicht absehbar war.

Deutschland: Umsatzverluste von 380 Millionen Euro

Bleibt es beim Verkaufsverbot, so drohen nach Angaben des Modeverbands German Fashion alleine deutschen Firmen Umsatzverluste von insgesamt 380 Millionen Euro. Dem deutschen Fiskus könnten nach Einschätzung des Branchenverbandes bis zu 140 Millionen Euro an Zoll, Umsatz- und Unternehmenssteuer entgehen.

Laut dem bisher gültigen Abkommen der EU mit China dürfen die Importmengen demnach bis 2008 pro Jahr - je nach Kategorie - nur um acht bis 12,5 Prozent steigen, danach sollen die Quoten fallen. Bei Pullovern und Hosen sind die Quoten für 2005 bereits zur Gänze ausgeschöpft. Bei Seidengarn, BHs und Blusen sind die Quoten mittlerweile zu rund 90 Prozent ausgeschöpft. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.08.2005)