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Für den kräftigen Wind bei seiner Ankunft auf dem Flughafen Köln/Bonn war der Papst nicht gewappnet.

Foto: AP/Frank Augstein

Köln – Beeee-ne-de-tooo, Beeee-ne-de-toooo, Beeee-ne-de-toooo! Seit Stunden stehen die Menschen dicht gedrängt am Flughafen Köln/Bonn, warten auf den Papst und skandieren seinen Namen. Um 12.06 Uhr ist es endlich so weit: Benedikt erblickt Deutschland – und umgekehrt. Kaum in der Heimat angekommen, macht ihm gleich ein rauer Wind zu schaffen: Als er die Gangway betritt, fliegt sein Käppi zurück ins Flugzeug. Die Begeisterung der jungen Menschen schmälert das nicht. Sie begrüßen das Oberhaupt der katholischen Kirche mit La-Ola-Wellen und schreien weiter seinen Namen.

"So geht das jetzt schon seit Tagen", sagt Bundespräsident Horst Köhler zum Papst. Dessen Antwort: "Das werden wir noch öfter hören." Er sei "glücklich, mitten unter den Jugendlichen zu sein, ihren Glauben zu stützen und ihre Hoffnung zu beleben", sagt der Papst. Dass so viele junge Menschen nach Köln gekommen sind, sei "ein Zeichen für die Vitalität der Kirche". Und er sei sicher, "dass ich auch etwas von den jungen Leuten empfangen werde, vor allem von ihrer Begeisterung, ihrer Einfühlsamkeit und ihrer Bereitschaft, sich mit den Herausforderungen der Zukunft auseinander zu setzen".

Dann soll er in die wartende Limousine steigen. Doch wie sein Vorgänger, Johannes Paul II., geht er zuerst noch außerprotokollarisch an die Absperrung, um einige Hände zu drücken. Beeee-ne-de-toooo! Da schreien die Pilger noch lauter und begeisterter.

Segensworte

Während sich der Papst danach ins Erzbischöfliche Palais zurückzieht, wird der Strom über den Strom immer dichter. Tausende Jugendliche schieben sich über die Rheinbrücken, um auf den Poller Rheinwiesen noch ein Plätzchen zu ergattern. Dort wird Benedikt später per Schiff vorbeikommen und Segensworte sprechen. Auch Sally (21) aus Texas reiht sich mit ihren Freundinnen in die bunte Menschenmasse. "Großartig, einfach umwerfend", findet sie die Stimmung in Köln. "Wir leben verschieden auf der Welt, wir sehen auch nicht gleich aus. Aber hier bei den Gebeten und Messen haben wir alle das gleiche Gefühl", beschreibt sie ihre Begeisterung. Beeee-ne-de-tooo, brüllt da schon wieder einer. Die Argentinier ziehen vorbei und schwenken ihre Flagge. Eine Fahne gehört hier zur Pilger-Grundausstattung. Viele sind noch origineller. Im Dom, aus dem alle Bänke entfernt worden sind, damit 6000 Besucher pro Stunde durchgeschleust werden können, schwebt plötzlich ein Känguru über den Köpfen der Menschen. Unschwer zu erraten: Die Australier sind da.

"Ja, wir haben hier ein wenig Rosenmontag-Stimmung", gibt auch Hermann-Josef Johanns, Geschäftsführer des Weltjugendtages. Er ist äußert guter Laune, obwohl er kaum schläft. Bis auf ein paar Verkehrsstaus ist bislang alles glatt gelaufen. Auch die Essensausgabe für die rund 350.000 registrierten Gäste – mehrheitlich Deutsche und Italiener – funktioniere im Großen und Ganzen gut. Einfache, aber sinnvolle Regelung: Essen gibt es immer dort, wo gebetet wird. Wasser fließt an vielen Stellen ständig.

Abends "vollgepilgert"

"Bisssusüden?" fragt am späteren Abend der 18-jährige Marcel eine junge Frau in violetter Hose. Soll heißen: "Kommst du aus Bayern?" Nein, Nicole (22) ist aus dem hessischen Hanau angereist und will mit Marcel, dessen weiß-blauem Hut und seiner Bierflasche eigentlich nichts zu tun haben. "Das hier ist mein erster Weltjugendtag", sagt sie. "Ich möchte Glauben mal in anderer Form erleben, nicht nur am Sonntag in der Kirche." Dafür nimmt sie mit 30 anderen Mädchen vier Nächte Luftmatratze in einer Bonner Schulklasse in Kauf.

Marcel sieht nicht so aus, als wolle er mit seinen Freunden bald auf seine Isomatte in der Jugendherberge. Er hat es sich auf den Stufen des Doms bequem gemacht und dabei einen Zustand erreicht, den TV-Zyniker Harald Schmidt als "ziemlich vollgepilgert" bezeichnet. Marcel steht dazu: "Beten am Tag ist in Ordnung. Aber am Abend darf auch gefeiert werden." (DER STANDARD-Printausgabe, 19.08.2005)