Auch Stimmenrekorder gefunden
Doch ganz allmählich fügen sich die Puzzlestücke des Fluges ineinander. Am Freitag wurden die Auswertung des Flugschreibers und Ergebnisse der gerichtsmedizinischen Untersuchungen bekannt. Außerdem fanden die Ermittler am Absturzort endlich den Stimmenrekorder.
Nach der ersten Auswertung des Flugschreibers gilt als sicher, dass wenige Minuten nach Abflug der Boeing 737-300 aus Larnaka auf Zypern die Sauerstoffmasken in der Kabine aus ihren Gehäusen fielen. Außerdem schrillte bis zum Absturz der Alarm für akuten Sauerstoffmangel.
Dies allein jedoch erklärt nicht, warum der Co-Pilot ohnmächtig wurde und der Flugkapitän nicht im Cockpit war. Warum sie nicht ihre Sauerstoffflaschen benutzen konnten, die sich neben ihren Sitzen befanden, ist ebenfalls noch eine offene Frage. Die Vermutung von Experten, die Piloten hätten hochgiftiges Kohlenmonoxid eingeatmet, ist seit Freitag vom Tisch. "Gewebeuntersuchungen bei sieben Leichen, darunter der des Co-Piloten, ergaben keine Kohlenmonoxidvergiftung", erklärte der Gerichtsmediziner Filippos Koutsáftis.
Stundenlang mit Autopiloten weitergeflogen
Die Boeing flog seit dem Alarm bis Athen mit eingeschaltetem Autopiloten. Drei Stunden später stürzte die Chartermaschine der Helios Airways mit leeren Tanks ab. Als der Autopilot über dem Flugziel Athen keine neuen Befehle erhielt, leitete er automatisch ein Kreisen der Boeing über der griechischen Hauptstadt ein. In Athen herrschte mittlerweile höchste Alarmbereitschaft, weil niemand Kontakt mit der Maschine aufnehmen konnte und das Flugzeug auf dicht bewohntes Gebiet zu stürzen drohte.
Zunächst wurde eine Entführung vermutet. Zwei F-16-Kampfbomber stiegen auf und näherten sich dem Flugzeug. Ihre Piloten stellten fest: Der Flugkapitän war nicht zu sehen, der Co-Pilot ohnmächtig. In der Passagierkabine hingen die Sauerstoffmasken herab. Die Piloten sahen sahen jedoch nur drei Passagiere, die Masken aufgesetzt hatten. Eine Frau trug eine Schwimmweste und versuchte, einem Kind eine andere überzuziehen.
"Nur in Filmen"
Eine "Gestalt", offenbar der Steward Andreas Prodromou, der eine Pilotenlizenz für kleinere Flugzeuge besaß, versuchte, die Maschine zu fliegen. Ihm sei es schließlich gelungen, so wird in Athen vermutet, den Autopiloten auszuschalten. Danach begann ein Flugmanöver, das man sonst - so hieß es in griechischen Medien - "nur in Filmen sehen kann".
23 Minuten lang versuchte Prodromou das Unmögliche möglich zu machen und ohne Flugerfahrung auf solchen Maschinen den Flughafen zu finden und sicher zu landen. Ein F-16-Pilot berichtete, der Mann im Cockpit habe ihm ein Zeichen "Ich gehe runter" gegeben. Nach zwei gescheiterten Versuchen und Anflugmanövern, bei denen die Maschine viel zu schnell flog, ging der Treibstoff aus, und das Flugzeug zerschellte auf einem Hügel nahe der Ortschaft Grammatikó. Bis zuletzt habe der Steward versucht, die Maschine waagerecht zu halten.
Hunderte Angehörige der Opfer warten nun auf die endgültige Auswertung der Flugschreiber. Die Presse in Athen und Nikosia schätzt, in der nächsten Zeit könnten "Köpfe auf Zypern und in Griechenland rollen".
Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung