Wien/München/Bern - In Österreich tobt weiterhin die Diskussion über die Finanzierung der Spitzenmedizin. Dabei haben Kardiologen darauf hingewiesen, dass die Alpenrepublik mit einer Verwendung der besten Gefäßstützen (beschichtete "Stents") zur Behebung von Verengungen der Herzkranzgefäße von rund 40 Prozent bisher weit hinter Staaten wie die Schweiz (100 Prozent) bzw. Portugal (95) Prozent nachhinkt. International ist die Frage, welche der Stents - beschichtete oder nicht beschichtete - "gegessen". In neuen Vergleichsstudien untersuchten internationale Forschergruppen nur noch welches von zwei Produkten das beste ist.

Der Hintergrund: Die modernsten dieser Gefäßstützen geben vorübergehend Zytostatika ab, welche die Häufigkeit von erneuten Verengungen von 25 auf fünf Prozent reduzieren. Der Wiener Spezialist Univ.-Prof. Dr. Helmut Glogar (AKH) erklärte: "Wir liegen in Österreich bei einer Verwendung bei 40 bis 45 Prozent der Patienten (AKH-Wien: 60 bis 70 Prozent, Anm.). In der Schweiz sind es 100 Prozent, in Portugal 95 Prozent, auch in den Benelux-Ländern ist diese Rate höher."

Die Gefäßstützen ohne Arzneimittel-Beschichtung kosten je 500 bis 800 Euro, die beschichteten 1.300 bis 1.500. Glogar: "Das ist gar nicht so viel. Aber die Masse macht's." In Österreich werden derzeit pro Jahr an die 20.000 derartige Eingriffe durchgeführt.

Vergleichsstudien

In der nächsten Ausgabe des New England Journal of Medicine (18. August) werden die Ergebnisse von Vergleichsstudien zwischen zwei beschichteten Stent-Produkten publiziert. Eines setzt zur Blockierung neuer Verengungen das Zytostatikum Paclitaxel frei, das zweite hingegen Sirolimus. Letzteres ist ein Medikament, das sonst vor allem in der Tansplantationsmedizin zur Verhinderung von Abstoßungsreaktionen eingesetzt wird.

In der ISAR-DIABETES-Studie (München) setzten die Kardiologen 125 Diabetes-Patienten mit Koronarerkrankung Paclitaxel-abgebende Stents ein. Weitere 125 Kranke bekamen Stents, die Sirolimus freisetzten. Das Ergebnis: In der Gruppe der Kranke, die mit den mit Sirolimus beschichteten Gefäßstützen behandelt wurden, stellte sich bei 6,9 Prozent eine erneute Arterienverengung ein, in der zweiten Gruppe (Paclitaxel) hingegen bei 16,5 Prozent. Die Häufigkeit erneuter notwendiger Eingriffe war bei den Probanden der zweiten Gruppe rund doppelt so hoch (zwölf Prozent) wie in der ersten (6,4 Prozent).

Zu ganz ähnlichen Ergebnissen kam auch eine Schweizer Studiengruppe, die 540 Patienten untersuchte. Hier betrug die Häufigkeit erneuter Herz-Zwischenfälle unter Verwendung von Sirolimus-Stents binnen neun Monaten 6,2 Prozent und bei Verwendung von Paclitaxel-Stents 10,8 Prozent.

Das österreichische Register solcher Eingriffe für das Jahr 2004 - die Arbeiten sind noch nicht abgeschlossen - belegt (Hochrechnung), dass im vergangenen Jahr nur rund 47 Prozent der österreichischen Patienten beschichtete Stents bekamen. (APA)