London/Singapur - Zellen eines Fötus können während der Schwangerschaft in das Gehirn der Mutter wandern und dort verschiedene Zelltypen ausbilden. Das haben Forscher aus Singapur bei Mäusen nachgewiesen, wie das britische Magazin "New Scientist" (Nr. 2513, S. 8) in seiner Ausgabe vom kommenden Samstag berichtet. Nun wollen sie herausfinden, ob fötale Stammzellen auch beim Menschen in das Gehirn wandern können.

Gavin Dawe von der Staatlichen Universität und Xiao Zhi-Cheng vom Institut für Molekular- und Zellbiologie in Singapur vermuten, dass die Zellen Gehirnschäden reparieren können. Sie möchten mit den Stammzellen einmal Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson behandeln. Die Zellen der Mausföten hätten sich in alle wesentlichen Zelltypen des Gehirns entwickelt. Es sei aber noch unklar, ob sie auch eine Funktion ausüben.

Überwundene Schranke

Bisher war zwar bekannt, dass Zellen aus dem Fötus in den Körper der Mutter einwandern, dort in verschiedenen Organen noch jahrelang nachweisbar sind und sogar Gewebeschäden beheben können. Dies sei jedoch der erste echte Nachweis für eine Überwindung der Blut- Hirnschranke durch die Zellen, kommentiert Stammzellexpertin Diana Bianchi von der Tufts-Universität in Boston im "New Scientist".

Die Forscher schädigten in einem Versuch das Gehirn der Mäusemütter, ähnlich wie es bei einem Schlaganfall passiert. Daraufhin erhöhte sich die Konzentration der Stammzellen an dieser Stelle um das Sechsfache. Bislang sei noch nicht klar, wie die geschädigte Stelle die Zellen herbeirufe, sagte Dawe, es müsse aber eine Art SOS-Signal geben. Auch für den Fötus mache es Sinn, Gewebeschäden der Mutter zu beheben, weil dies die eigene Überlebenschance erhöhe.

Eine mögliche Therapie sei noch 5 bis 20 Jahre entfernt, berichten die Forscher, insbesondere, weil fötale Zellen in Versuchen auch schon Immunkrankheiten verschlimmert hätten. Das Team möchte nun an Leichen untersuchen, ob männliche Zellen in das Gehirn von Frauen mit Söhnen eingewandert sind. Diese müsste dann auch Zellen mit dem männlichen Erbgutträger, dem Y-Chromosom, enthalten. (APA/dpa)