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Der brasilianische Präsident und ehemalige Saubermann Luiz Inácio Lula da Silva droht im Korruptionssumpf zu versinken. Seine Regierung und die Arbeiterpartei sind in zahlreiche Skandale verwickelt.

Foto: APA/EPA/ernando Bizerra Jr.
Brasiliens Präsident Lula Inácio Lula da Silva steht vor einem politischen Scherbenhaufen. Tausende Demonstranten forderten bereits seinen Rücktritt. Drei Monate nach dem Bekanntwerden einer Schmiergeldaffäre in der Bundespost lassen täglich neue Enthüllungen einen Korruptionssumpf sichtbar werden, der vor allem seine Arbeiterpartei PT ins Mark trifft.

Durch Stimmenkauf im Parlament und illegale Wahlkampffinanzierungen, die offenbar auf Geheiß von Lulas langjährigem Chefstrategen José Dirceu eingefädelt wurden, hat die PT ihren Nimbus als "andere" Linkspartei endgültig verspielt. Mittlerweile steht fest, dass mindestens 18 Abgeordnete aus dem Regierungslager Schmiergelder von den Firmen des PR-Unternehmers Marcos Valério de Souza erhalten haben, angeblich als Darlehen. Insgesamt geht es um 18 Millionen Euro.

Bereits 1998 hatte Souza, der mit vielen Staatsbetrieben lukrative Werbeverträge unterhält, nach demselben Schema reihenweise Politiker der Sozialdemokraten bedacht. Die Empfänger wollen das Geld zur Begleichung ihrer Wahlkampfschulden verwendet haben.

Marketingspezialist Duda Mendonça etwa, der 2002 Lulas erfolgreiche Wahlkampagne gemanagt hatte, bekam dafür am Fiskus vorbei 5,4 Millionen Euro, das meiste davon auf ein Konto auf den Bahamas. Die Beteuerungen des Präsidenten, von all dem habe er nichts gewusst, er fühle sich verraten und sei empört, überzeugen immer weniger Brasilianer. Die PT und die Regierung müssten sich entschuldigen, forderte Lula letzte Woche. Doch eigene Versäumnisse vermag er nicht einzuräumen. "Wegen meines Amtes kann ich nicht alles sagen, was ich denk", sagte er jetzt. Solange stichhaltige Beweise gegen Lula fehlen, hat ein Amtsenthebungsverfahren, mit dem manche Oppositionspolitiker liebäugeln, keine Chance. Kardinal Geraldo Majella Agnelo, der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz, fordert aber, der Staatschef solle endlich "die wirkliche Situation des Landes und der politischen Krise erklären".

Der Präsidentenwahl 2006, die die PT noch im Mai als Formsache abtat, kann das bürgerliche Lager jedenfalls beruhigt entgegensehen: Umfragen zufolge sinkt Lulas Beliebtheit rapide. Derzeit hat José Serra, sein Kontrahent von 2002, klar die Nase vorn. (DER STANDARD, Printausgabe, 20./21.08.2005)