Bagdad - Der irakische Sicherheitschef Mowaffak al-Rubaie hat vor einem Bürgerkrieg gewarnt, wenn der Irak nicht föderalistisch geordnet wird. "Ohne Föderalismus kann kein Gemeinschaftsinteresse formuliert werden - und dann werden die einzelnen Gemeinden ihre Eigeninteressen vertreten und um sie kämpfen", sagte Rubaie am Freitag in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters.

Der Streit um die künftige Struktur des Irak zählt zu den Knackpunkten der derzeit diskutierten Verfassung und offenbart die Spannungen zwischen den regierenden Schiiten und Kurden einerseits und den Sunniten andererseits, aus deren Reihen viele Aufständische stammen. Gegen eine Aufteilung in Bundesstaaten protestierten am Freitag mehrere tausend Schiiten in Bagdad in einer der größten Demonstrationen seit Monaten. Die Frist für die Verabschiedung des Verfassungsentwurfs läuft am Montag aus.

Rubaie sagte, er sei sehr besorgt über das drohende Bürgerkriegs-Szenario. "Bürgerkriege entstehen schrittweise und unterschwellig. Man kann nicht sagen, oh, heute haben wir einen Bürgerkrieg." Der Protestmarsch in Bagdad nährte die Befürchtungen des Sicherheitschef. Anhänger des radikalen Schiiten-Geistlichen und früheren Rebellenführers Moqtada al-Sadr riefen: "Nein, nein zur Teilung! Ja, ja zur Einheit!". Sadr wird in der Stadt vor allem von armen Schiiten unterstützt. Verschleierte Frauen trugen Spruchbänder.

Die meisten Schiiten-Führer sind für eine föderale Ordnung und ein Bundesland im Süden des Landes, in dem ihre Religionsgemeinschaft eine Mehrheit hätte. Auch die Kurden streben eine föderale Struktur an. Sie leben im Norden des Landes de facto bereits in einem eigenen Bundesstaat und wollen diese Autonomie behalten. Die irakischen Sunniten sind dagegen für eine starke Zentralregierung, weil sie ansonsten befürchten, von den Ölvorkommen im Norden und Süden abgeschnitten zu werden. Da sich die Verfassungskommission nicht einigen konnte, war eine erste Frist zur Abgabe des Entwurfs am vergangenen Montag verlängert worden. Bis spätestens Montag sollen die Beratungen nun abgeschlossen sein. (APA/Reuters)