Wer jemals nur ein wenig in den Apparat politischer Parteien Einblick genommen hat, weiß: Es ist immer Wahlkampf. Und wer sich die rhetorischen Muster von Meistern der Spitzenpolitik wie Wilhelm Molterer näher angesehen hat, weiß: Sie arbeiten immer mit Schlüsselbegriffen, Buzzwords, die manchmal nur subliminal wirken sollen (die Arbeit der Regierung ist beispielsweise immer "professionell"), manchmal aber gezielt die Diskussionen anfachen sollen, während sie die Stammklientel bestärken: Senkung des Spitzensteuersatzes, um für "Leistungsträger und Mittelstand" etwas "zu machen". Wahlkampfrhetorik.

Aber zur Sache: Durchaus Sinn hätte, die vor mehr als einem Jahrzehnt festgelegte Grenze von 51.000 Euro Bruttojahresverdienst inflationsangepasst nach oben zu schieben, ab der jeder Euro Mehreinkommen mit dem Spitzensteuersatz belegt wird. Doch warum wieder nur Drehen am Rädchen? Warum nicht wirklich der große Wurf, dem auch verständliche Konzepte und und nicht nur PR-Phrasen zugrunde liegen? Wie wäre es etwa mit einer spürbaren Entlastung des Faktors Arbeit, die sowohl Arbeitgeber wie -nehmer spüren?

Unlängst doch lobte sich die Regierung ob ihrer "professionellen" Umsetzung der größten Steuerreform aller Zeiten, auch dabei wurde allen möglichen Bevölkerungsteilen weisgemacht, sie würden etwas davon haben. Nachhaltig profitieren vor allem die Mitglieder der Industriellenvereinigung und andere große Konzerne - dank der Senkung der Körperschaftssteuer und der nun möglichen Verlustverrechnung über alle Grenzen (Gruppenbesteuerung).

Ohne den Arzt bemühen zu wollen: Bitte mehr Visionen als immer nur Phrasen. (DER STANDARD, Printausgabe 20./21.8.2005)