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Georg Gänswein, päpstlicher Sekretär, animiert die italienischen Medien

Foto: REUTERS/Max Rossi
Im engsten Kreis des Papstes ist er zweifellos die auffälligste Figur. In Italien hat der sportliche, blonde und gut aussehende Sekretär des Papstes längst die Titelseiten der Magazine erobert. In Köln wird jetzt auch eine breitere Öffentlichkeit auf jenen Mann aufmerksam, der mit Benedikt XVI. im Papamobil sitzt und nie von dessen Seite weicht.

Die Messe zelebriert er täglich auf Lateinisch. Der Tradition fühlte sich Georg Gänswein schon immer streng verpflichtet. Das hat auch mit seiner Kindheit im Südschwarzwald zu tun, wo er als ältestes von fünf Kindern in einer streng katholischen Familie aufwuchs. So war es kaum als Überraschung zu werten, dass der sportliche Student, der sich als Skilehrer versucht und in kirchlichen Vereinen engagiert hatte, ins Priesterseminar eintrat.

Disziplin

Nicht die Seelsorge war es, die Gänswein interessierte. Es waren die Diskussionen an theologischen Hochschulen, die ihn anzogen. Vom Lehrstuhl für Kanonistik an der Universität München übersiedelte er an die römische Opus- Dei-Hochschule Santa Croce, wo er Kirchenrecht lehrte. Dort schätzte der deutsche Theologe die unrömische Atmosphäre: den pünktlichen Beginn der Vorlesungen, die Einhaltung der Kleiderordnung, die Disziplin.

1996 holte Kardinal Joseph Ratzinger den durch seinen wachen Geist und seine gewinnende Art aufgefallenen Theologen in die Glaubenskongregation. In dogmatischen Fragen gilt der 49-jährige Tennisspieler, Skifahrer und begeisterte Bergwanderer „mit dem Lächeln eines Schauspielers“ (La Stampa) als unnachgiebiger als sein Dienstherr. Seit Gänsweins Dienstantritt dringen aus der Umgebung des Papstes keine Meldungen mehr nach außen. Diskretion ist oberstes Gebot. Auch gute Vatikan-Kenner wissen nicht, welchem Thema die Enzyklika gewidmet ist, an der Benedikt XVI. derzeit arbeitet.

„Ich streite gern“, sagt der Papst-Sekretär über sich. Das können jene bestätigen, die Gänsweins eckige Seiten kennen. Im dritten Stock des Apostolischen Palastes hat der Liebhaber antiker Kunst nun die renovierten Räume seines legendären Vorgängers Stansilaw Dziwisz bezogen. Der hatte Karol Wojtyla 40 Jahre als Sekretär gedient – 27 davon in Rom. Im Vatikan galt der verschwiegene Pole als graue Eminenz, die alle Geheimnisse des Kirchenstaates kannte und viele Entscheidungen wesentlich mitbestimmte.

Bis dahin hat sein deutscher Nachfolger noch einen langen Weg vor sich, dessen erste Etappe die Ernennung zum Bischof sein dürfte. Doch wer um die Zielstrebigkeit des „schönen und strengen Sekretärs Don Georg“ (Corriere della Sera) weiß, zweifelt nicht daran, dass Gänswein seinen Einfluss im Vatikan zunehmend geltend machen wird. (Gerhard Mumelter, DER STANDARD Printausgabe, 20./21.08.2005)