Zehn Autoren, dazu Chefredakteur und Chefautor und 13 Illustratoren gehören zur Stammbesatzung der Perry-Rhodan-Redaktion des Pabel-Moewig-Verlags in Rastatt in Baden-Württemberg. Die Aufgaben sind genau verteilt, die Mitarbeiter haben das Perryversum im Griff. Nur so ist es möglich, dass die Weltraumabenteuer in Heftromanform tatsächlich wöchentlich in den Trafiken landen. Und das seit dem 8. September 1961, als sich im "Unternehmen Stardust" vier Astronauten in Nevada aufmachten, um den Mond zu erkunden.

Auch Leo Lukas, Kabarettist, Reisejournalist und Regisseur aus Graz, zählt zu den Autoren. Er ist seit "früher Jugend" glühender Perry-Rhodan-Verehrer. Nachdem er als Gastautor einen erfolgreichen Roman abgeliefert hatte, wurde er eingeladen, als einer von derzeit zehn ständigen Verfassern mitzuschreiben. Neben Lukas sind auch einige andere Österreicher beteiligt. Ein "Frischling" ist der Wiener Michael Marcus Thurner, der im April dieses Jahres zum Autorenteam stieß. Michael Wittmann, Jurist im Bundesdienst in Wien, ist einer der aktiven Illustratoren im Rhodan-"Werkel", der aus Faszination für amerikanische Superhelden Cartoons von schwertbewehrten Fantasy-Rittern zu zeichnen begann. Und Ernst Vlcek, ebenfalls Wiener, der sich 2004 aus der Redaktion zurückzog, lenkte als Autor und Exposéautor bis 2000 die Geschicke bei der Erkundung unbekannter Galaxien und ferner Sterne. "Alle, die da mitmachen, außer vielleicht der Verlagssekretärin, sind über ein intensives Fan-Dasein in den Verlag gekommen", erzählt Lukas.

Ein Mal jährlich trifft man sich in Rastatt bei Baden-Baden zu einer mehrtägigen Autorenkonferenz. Klaus N. Frick, seit 1992 Chefredakteur des Verlages, und Chefautor Robert Feldhoff präsentieren die Gesamthandlung des nächsten Jahres. Die einzelnen Autoren erhalten Handlungs-Exposés, die oft deutlich umfangreicher sind als der daraus entstehende 64-Seiten-Roman. Und man diskutiert, wie denn der Rest zu füllen sei.

Relevant seien die Eckpunkte des Exposés, erklärt Klaus N. Frick, natürlich die handelnden Personen und "dass das Raumschiff vom Punkt A zum Punkt B kommt". Was "dazwischen in der Küche" passiere, das sei der Spielraum der jeweiligen Autoren. Das Exposé dient vor allem dazu, neue Hauptfiguren und Schauplätze in allen Facetten zu beschreiben. Wenn Monkey vom Volk der Oxtorner im Infrarotbereich sehen kann, muss auch der technische Hintergrund dazu geklärt sein. Eine Aufgabe, die dem Technik-Redakteur Rainer Castor zufällt, der 1973 sein erstes Heft verfasste, heute für das Daten-Exposé zuständig ist.

Dass die Perry-Rhodan-Story seit 1961 eine durchlaufende ist, dafür sorgt der Continuity-Redakteur und Lektor Michael Thiesen. Auch er ist als Fan aufgefallen, weil er Zusammenfassungen produzierte und dadurch einiges Detailwissen erwarb. Er bearbeitet Manuskripte auf "Anschlussfehler": Schließlich sollten Augen- und Haarfarben der Handlungsträger in Band 2003 wie in 2125 sein, sofern sie nicht zwischenzeitlich verstorben sind.

Wobei es natürlich Protagonisten gibt, die nie verschwinden dürfen. Perrys treuer Freund Gucky, der etwas mehr als einen Meter große Mausbiber mit telepathischen, telekinetischen und teleportativen Fähigkeiten, stand auf der Abschussliste, was aber sofort nach Ruchbarwerden derart heftige Proteste aus der Leserschaft hervorrief, dass er, so sieht es zumindest derzeit aus, auch fürderhin unsterblich bleibt.

Zum Leserprofil wurden verschiedenste Umfragen gemacht, womit aber, so Frick, "fast ausschließlich Stamm- und Aktivleser erreicht wurden". Die seien jedenfalls zu 80 bis 90 Prozent männlich und 35 bis 40 Jahre alt. Viele scheinen technische Berufe auszuüben respektive ein Gefühl für Technik mitzubringen. Sie beginnen als Jugendliche mit 13, 14, 15 - "nicht gerade selten fangen diese Geschichte an mit: ,Ich hab' die Perry-Rhodan-Sammlung meines Vaters gefunden'", so Lukas. Jedenfalls ziehen sich viele im Alter von 17 oder 18 zurück um dann als etwa 30-Jährige wieder einzusteigen.

Den geringen Frauenanteil führt Frick auf die "starke Technik-Orientierung" zurück. Aber "er muss alleine aus wirtschaftlichen Gründen erhöht werden, weil Frauen einfach mehr lesen". Es habe einige mäßig erfolgreiche Versuche gegeben, im Zyklus "Der Sternenozean" sind relativ viele Frauen Handlungsträgerinnen und auch auf dem Cover, "aber wie sollen das weibliche potenzielle Leser tatsächlich mitkriegen?" Rhodan pflegte, übrigens anders als so einige Helden dieses Genres, Beziehung mit Frauen. Mit Mondra Diamond, einer ehemaligen Zirkusartistin, die beim terranischen Geheimdienst anheuerte, hat er ein Kind. Immer wieder wird Perry Rhodan ein Nahverhältnis zu faschistischen Ideologien vorgehalten, was, so Frick, auf die 60er-Jahre zurückgehe, in denen "die Handlung sehr actionlastig war und viele Konflikte mit Gewalt gelöst wurden". Dazu kam die Nähe zum Bauer-Verlag, der - auch heute noch - "Landserromane" veröffentlicht, in denen Kriegserlebnisse aus der Sicht von Frontsoldaten geschildert werden. Das änderte sich aber in den 70ern unter William Voltz, der verstärkt auf kosmische Geheimnisse und Weltenfrieden setzte. Und Walter Ernsting, der im Jänner 2005 verstorbene Rhodan-Erfinder, "hat aus seiner Kriegsablehnung nie ein Hehl gemacht", so Frick. "Man hätte damals auch James Bond als faschistisch bezeichnen können, wenn man will." Das Genre der Heftromane ist in den 50er-Jahren aus der rechten Ecke als "Schmutz und Schund" angegriffen worden, in den 70ern von der Linken. "Heute sind wir in der bizarren Situation, dass es keine ideologiekritische Diskussion mehr gibt", bedauert Frick.

Der Einfluss der Leser ist nicht zu unterschätzen. Bereits in den 60er-Jahren setzte man auf Leser-Bindung, indem eine Kontaktseite eingerichtet wurde. "Eines der Erfolgsgeheimnisse", schätzt Lukas. Auch in zahllosen Internet-Foren wird heftig über zukünftige Szenarien spekuliert. Was zur Folge hat, dass die Handlung eben völlig anders verläuft, als in den Foren erwartet wird, oder dass Lösungen, die dort vorgeschlagen werden derart "zwingend gut sind, dass es einfach so passieren muss", so Lukas, der zwei seiner Romane übrigens in Wien spielen lässt. Satirische Aspekte würden aber in Leserreaktionen dezidiert abgelehnt. Auch scheint es, als ob die Leser von Perry Rhodan abgesehen von Cover- und Innenillustrationen kein Bild haben möchten.

Eine Comic-Version "Perry - unser Mann im All" erschien von 1968 bis 1975 und wurde nach 129 Heften eingestellt, die aber heute als Sammler-Reprints wieder erhältlich sind. Perry Rhodan wurde in mehrere Sprachen übersetzt, äußerst erfolgreich war man in Brasilien, China und Japan. Ein Film, Ende der 60er-Jahre entstanden, bei dem man, so Frick, je nach Gemütslage "entweder Lach- oder Schreikrämpfe kriegt", hat mittlerweile Kultcharakter. Eine moderne Rhodan-Oper am Stadttheater in Osnabrück floppte, die Lizenzen für einen TV-bzw. Kinofilm sind vergeben.

Der Fortbestand des Perryversums in all seiner Vielfalt scheint jedenfalls gesichert. Und für den Jubiläumsband 2300 mit erweitertem Umfang und Extra-Illustrationen, der am 16. September erscheint, legt Chefautor Feldhoff persönlich Hand an. (DER STANDARD, ALBUM, Printausgabe vom 20./21.8.2005)