Nach einem Schlaganfall führt der Weg ins
selbstständige Leben auch im wörtlichen Sinne oft mühsam Schritt für
Schritt zurück. Informatiker der Berliner Technischen Universität
wollen diesen Weg beschleunigen: Sie haben einen Skelettroboter
entwickelt, der selbst minimale Muskelimpulse aufnimmt und dem
geschädigten Bein hilft, diese in Bewegung umzusetzen. ExoSkelett
nennen die Ingenieure Christian Fleischer und Andreas Wege ihre so
genannte intelligente Orthese, die das noch vorhandene Körperteil
umschließt und "vorausschauend" bei seiner Bewegung unterstützt.
Übertragung
"Mit Sensoren können wir noch vorhandene Muskelspannungen
wahrnehmen und auf ein Menschenmodell im Computer übertragen. Der
transportiert dann die gewünschte Bewegung - wie Beugung oder
Streckung der Oberschenkelmuskeln - auf die Mechanik und Motoren des
ExoSkeletts zurück und führt die gewünschte Bewegung aus", berichtet
der Technische Informatiker Fleischer, der unter der Leitung von
Prof. Günter Hommel an seiner Idee arbeitet. Unterstützt werden die
Berliner dabei nicht nur von Ärzten, sondern auch von einem
Medizintechnikhersteller, der von dem Ansatz überzeugt ist und ihnen
die Orthesen zur Verfügung stellt.
"Unsere Aufgabe ist es, die Sensordaten exakt zu erfassen und zu
analysieren, so dass das Ding funktioniert", sagt Fleischer. "Wir
hoffen sehr, dass wir bald die ersten Orthesen an Patienten, die
einen Schlaganfall hatten oder aus anderen Gründen lange bettlägerig
waren, testen können." Das Gerät könne dann während der
Rehabilitation auch ohne ständige Anwesenheit eines Therapeuten den
Wiederaufbau der Muskeln trainieren.
Anmiation
Anders als die bewegungsunterstützende Bein-Orthese funktioniert
die Hand-Orthese, die Andreas Wege entwickelt: Sie animiert und
trainiert Hand-Bewegungen durch künstliche Widerstände, die es zu
überwinden gilt. "Neu daran ist vor allem, dass alle vier Finger
einzeln und in verschiedene Richtungen trainiert werden", sagt Wege.
Das unterscheidet die wie ein Fingerhandschuh gestaltete Hilfe vom
Gummiball, mit dem traditionell die Handkraft aufgebaut wird.
Lösung
Und selbst an einer Lösung für Querschnittsgelähmte, die keinerlei
Muskelimpulse mehr geben können, wird an der TU gearbeitet. Dabei
gehe es darum, theoretische Schrittbewegungen so exakt in
Einzelimpulse aufzusplitten, dass sie mit Hilfe der
computergesteuerten Orthese schließlich ganz ohne Zutun ihres Trägers
ausgeführt werden könnten, beschreibt Fleischer.
Bis dahin ist es jedoch noch ein Stück des Wegs. Bisher sind
selbst für die "normalen" Bein-Orthesen die Rechner noch zu groß und
zu teuer, und letzte Feinheiten müssen verbessert werden. "Dabei geht
es vor allem um die Sicherheit der Patienten - schließlich darf ein
zufälliges Muskelzucken nicht dazu führen, dass versehentlich ein
Schritt ausgelöst wird und der Patient umfällt", sagt Fleischer.
Einsatz
Mögliche Einsatzbereiche für ihre ExoSkelette sehen die Berliner
auch in der Wirtschaft. "Etwa wenn in Produktionsprozessen schwere
Lasten gehoben werden müssen, können Arbeiter in solche Orthesen
schlüpfen, die ihnen die Tragelast erleichtern", sagt Fleischer.
Keine Option ist für die TU-Forscher hingegen das Vorbild USA - dort
werden derartige Tragehilfen für den militärischen Bereich
entwickelt, um Soldaten das Schleppen ihrer Rucksäcke und Waffen zu
erleichtern. "So etwas kommt für uns nicht in Frage." (APA)