Bagdad - Wegen des anhaltenden sunnitischen Widerstandes sinken die Hoffnungen auf eine baldige Verfassung für den Irak. Der in der Nacht zum Dienstag dem Parlament vorgelegte Entwurf sei nicht abstimmungsfähig, weil er nur von Schiiten und Kurden getragen werde, sagte der sunnitische Verhandlungsführer Saleh al-Mutlak. "Diese Verfassung würde das Land spalten." Die drei weiteren Tage, die den Konfliktparteien vor einer Abstimmung eingeräumt wurden, sind nach Ansicht des Vorsitzenden des Verfassungskonvents nicht ausreichend.

Die im Irak regierenden Schiiten wollen ihren Verfassungsentwurf trotz heftiger Widerstände im Land weitgehend unverändert zur Abstimmung stellen. "Wir finden vielleicht eine Formel, um die strittigsten Punkte auszuklammern", sagte Humam Hammudi. Sollte in den kommenden Tagen darüber kein Kompromiss gefunden werden, müsse die irakische Bevölkerung dennoch abstimmen. Die sunnitischen Mitglieder des Konvents drohen, ihre Anhänger zu einem "Nein" beim für Oktober geplanten Verfassungsreferendum aufzurufen. Sobald in drei der 18 irakischen Provinzen mindestens zwei Drittel der Wähler gegen die Verfassung stimmen, wäre sie gescheitert. Die Sunniten stellen in vier Provinzen die Mehrheit.

Streitpunkt föderalistische Verfassung

Die Sunniten sind nach wie vor gegen eine föderalistische Verfassung, weil sie um ihren Einfluss auf die Ölquellen im kurdischen Norden und schiitischen Süden fürchten. Neben der föderalen Struktur sind die Machtverteilung zwischen Präsident, Parlament und Kabinett sowie Fragen in Zusammenhang mit der inzwischen aufgelösten Baath-Partei des gestürzten Präsidenten Saddam Hussein strittig.

Ungeachtet der verfahrenen Situation konnte Parlamentspräsident Hajim al-Hassani dem Prozess etwas Positives abgewinnen. Es zeige immerhin die demokratische Struktur, sagte er Dienstag Früh.

Al-Jaafari optimistisch

Regierungschef Ibrahim al-Jaafari zeigte sich optimistisch gezeigt, dass die noch bestehenden Differenzen in den nächsten Tagen noch ausgeräumt werden können. Gleichzeitig deutete er an, dass der Entwurf auch ohne eine Zustimmung der sunnitischen Araber am kommenden Donnerstag dem Parlament zur Abstimmung vorgelegt werden könnte.

"Wir können es nicht jeder einzelnen Person recht machen", sagte der schiitische Politiker vor der Presse in Bagdad. Wenn die zentralen Punkte des Entwurfs von der Mehrheit der Menschen im Irak akzeptiert würden, werde er vom Parlament verabschiedet und dem Volk zur Abstimmung vorgelegt.

Der Generalsekretär der sunnitischen Islamischen Partei, Tarik al-Hashimi, kritisierte dagegen, die Art und Weise in der die Verhandlungen über die neue Verfassung bisher geführt wurden. "Wenn die Verhandlungen genauso weitergeführt werden, bezweifele ich, dass es eine Einigung geben wird", fügte er hinzu.

Strittige Punkte sollen bis Donnerstagabend geklärt werden

Die strittigen Punkte sollen bis Donnerstagabend geklärt werden. Nach dem Gesetz für die Übergangszeit sollen die Iraker am 15. Oktober über den Verfassungstext abstimmen.

US-Außenministerin Condoleezza Rice bezeichnete die neuerliche Verschiebung - ursprünglich sollte das Parlament bereits am 15. August über die Verfassung abstimmen - als "staatsmännische Entscheidung". Ein Sprecher des Weißen Hauses erklärte: "Die in der vergangenen Woche erzielten Fortschritte sind beeindruckend, über die meisten Klauseln wurde Konsens erzielt." Nach Angaben sunnitischer Politiker ist eine Einigung indes weit entfernt.

(APA/AP/dpa)