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Verweilen wir kurz bei der ORF-Lottokoffershow "Deal or no Deal": In dieser müssen schwitzende Glücksritter den symbolischen Inhalt von 26 blattgolden glänzenden Koffern insofern erraten, als sie sich einen einzelnen heraussuchen, in dem - nach Möglichkeit - der Hauptbetrag von 250.000 Euro enthalten sein soll. Es setzt nun ein nervenaufreibendes Feilschen ein, in das eine anonyme "Bank" mit Angebotslegungen eingreift. Diese Mitteilungen, die etwas von den Offenbarungen einer Kafka'schen Schlossbehörde haben, werden durch die Muschel eines Bakelit-Telefons gequetscht.

Daraufhin tut Moderator Rainhard Fendrich so, als wäre er über die Schändlichkeit des Angebots persönlich entrüstet. "Na, net", entfährt es dem Munde des liebenswürdigen Musikkünstlers, der sich mit dem Charme eines Rotlichtbarbesitzers um die Billiglohnsäckel anderer Leute schert.

Die Koffer werden nun ihrerseits von Glückselfen in das Licht der Kamera gehalten: Hübsch vorgestreckt glänzt das Beinchen. Topp, die blonde Kunsthaarfrisur hält! Moderne Frauenverachtung wird durch bedeutende Paradigmenwechsel kenntlich: Früher krochen "Hostessen" auf Kühlerhauben herum oder zeichneten sich ganz allgemein dadurch aus, dass sie den Urlaubskoffer einfach nicht zudrücken konnten. Heute eröffnen Billighostessen, die an Schnappschlössern herumzwicken, ängstliche Blicke in eine gähnende Leere. Gibt es für die ORF-Kofferdamen anschließend so etwas wie einen Sektempfang? (poh, DER STANDARD, Print, 22.8.2005)