Nach Angaben der brasilianischen Botschaft wollten sich Wagner Goncalves von der brasilianischen Staatsanwaltschaft und Marcio Pereira Pinto Garcia vom Justizministerium in Brasilia mehrere Tage in London aufhalten. Sie verlangen Aufklärung über die sich zum Teil widersprechenden Angaben von Polizei, Augenzeugen sowie Fotos und Videoaufnahmen. Unter anderem waren Treffen mit Ermittlern der Beschwerdestelle von Scotland Yard (IPCC) geplant, welche die Vorwürfe gegen die britische Polizei von unabhängiger Seite überprüft.
Zweifelhafte Polizei-Version
De Menezes wurde am 22. Juli, einen Tag nach der zweiten Bombenserie in London, von Polizisten durch gezielte Kopfschüsse getötet. Der Sender ITV veröffentlichte in der Vorwoche Fotos und Zeugenaussagen, welche die Version der Polizei ins Wanken brachten, wonach sich der 27-Jährige am U-Bahnhof Stockwell durch ungewöhnlich winterliche Kleidung und Überspringen der Eingangssperre zur U-Bahn verdächtig gemacht habe. Fotos und Videoaufnahmen zeigen, dass der Elektriker eine leichte Jeansjacke trug und den U-Bahnhof langsamen Schrittes betrat.
Unterstützer der Angehörigen von De Menezes wollten Montag Abend eine Nachtwache vor dem Amtssitz von Premierminister Tony Blair beginnen, um des Todes des 27-Jährigen vor genau einem Monat zu gedenken. In einem offenen Brief an den Premier wollten sie eine öffentliche Untersuchung fordern. Sie verlangen zudem den Rücktritt von Scotland-Yard-Chef Ian Blair, der wegen des gewaltsamen Todes des Brasilianers unter wachsendem Druck steht. Unter anderem musste Blair zugeben, dass er erst 24 Stunden nach dem Tod des Brasilianers erfuhr, dass dieser unschuldig war. Zuvor hatte er dessen Tod mit den laufenden Ermittlungen zur Aufklärung der beiden Anschlagsserien in London vom 7. und 21. Juli in Zusammenhang gestellt.
Entschädigungsangebot
Kritik wurde unterdessen auch an einem Entschädigungsangebot der britischen Polizei an die Familie De Menezes laut: Das Angebot in Höhe von 15.000 Pfund (22.000 Euro) wurde nur in Juristen-Englisch verfasst, nicht einmal auf Portugiesisch.