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Die Menorah, der siebenarmige Leuchter, war bereits in der Früh vom Dach der Synagoge in Netzarim heruntergeholt worden.

Foto: APA/EPA
Israel räumte am Montag mit Netzarim die letzte Siedlung im Gazastreifen. Nur ein "vorübergehender Abschied", meinte der Rabbi von Netzarim. Zwei Siedlungen im Westjordanland sind nun noch an der Reihe.

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Tel Aviv - Ruhig und geordnet wurde am Montag die jüdische Besiedlung des Gazastreifens beendet. Netzarim war vor 33 Jahren einer der beiden ersten Stützpunkte gewesen, den die Israelis nach der Eroberung des Gebiets im Sechs-Tage- Krieg von 1967 errichtet hatten, nun war die isolierte, in unmittelbarer Nähe der palästinensischen Stadt Gaza gelegene Siedlung die letzte, die geräumt wurde. Damit haben sämtliche jüdischen Siedler den Gaza-Streifen verlassen, wie ein israelischer Polizeisprecher am Montagabend in Jerusalem mitteilte.

Mit Erlaubnis der Streitkräfte hielt sich nach Angaben eines Polizeisprechers jedoch noch eine Familie in Netzarim auf; auch sie wird die Siedlung jedoch noch verlassen. Die Evakuierung der Siedlungen hatte am Mittwoch vor einer Woche begonnen und sollte ursprünglich drei Wochen dauern.

Schon in der Früh war die Menorah, der siebenarmige Leuchter, der eines der Symbole des Judentums ist, vom Dach der Synagoge heruntergeholt worden. "Dieser Abschied ist nur vorübergehend", sagte Rabbiner Chaim Druckmann vor dem letzten Gebet in dem von schluchzenden Menschen überfüllten kleinen Gotteshaus, "wir werden hierher zurückkehren, wir werden an jeden Ort in unserer Heimat zurückkehren."

Beten an der Klagemauer

Gegen Abend stiegen die rund 500 Bewohner von Netzarim in kugelsichere Autobusse und fuhren nach Jerusalem, um an der Klagemauer zu beten. Von dort sollte es in die große Siedlung Ariel im Westjordanland weitergehen – es war die einzige Gruppe von Siedlern aus dem Gazastreifen, die beschlossen hatte, sich zumindest provisorisch in der Westbank niederzulassen.

Zugleich ging am Montag rasch die systematische Demolierung der Einfamilienhäuser in den schon geleerten Siedlungen weiter. Dadurch soll im Einvernehmen mit den Palästinensern Platz für mehrstöckige Wohnbauten geschaffen werden. Öffentliche Gebäude bleiben stehen, aber Synagogen werden entweder gesprengt oder abmontiert.

Aktivisten warten

Ein Teil der Räumungstruppen wurde schon ins nördliche Westjordanland verlegt. Dort sollen am Dienstag 5000 Soldaten und Polizisten aufgeboten werden, um in der Nähe der Palästinenserstädte Jenin und Nablus vier Siedlungen aufzulösen. Zwei von ihnen, Ganim und Kadim, sind schon seit Langem aufgegeben, aber in Homesh und Sa-Nur, die zusammen nur 500 Einwohner haben, warteten nach Schätzungen der Polizei rund 2000 Menschen, zum Großteil junge Rechtsaktivisten. Die Armee befürchtet heftige Zusammenstöße, doch ein Sprecher von Sa-Nur dementierte Gerüchte, wonach in der Siedlung Handgranaten und andere Waffen bereitlägen.

Ausbau der Siedlungen im Westjordanland

Laut Jerusalem Post hat Premier Ariel Sharon seine Absicht bekräftigt, an den großen Siedlungen im Westjordanland festzuhalten: "In den Siedlungsblöcken wird gebaut werden." In verschiedenen Interviews hat Sharon erklärt, er plane nach dem Gaza-Abzug keine weiteren einseitigen Schritte, sondern eine Rückkehr zur "Road Map", dem internationalen Friedensplan, aber nur unter der Bedingung, dass die Palästinenser die Terrorgruppen entwaffnen. (DER STANDARD, Printausgabe 23. 8. 2005)