Kew/Sussex - Ein Forscherteam des Royal Botanical Gardens in Kew/Surrey hat mehr als 200 bisher unbekannte Pflanzen in Kamerun entdeckt. Neben spektakulären Orchideen und einer bisher unbekannten Verwandten der Feige, konnten die Wissenschaftler auch neue Kaffeearten finden. Die Arbeit hat bereits unmittelbare Folgen für die Region: Schutzzonen wurden bereits errichtet, um die wertvolle Flora zu erhalten.

Nach Angaben der Wissenschaftler ist die Biodiversität in der Region um Kupe-Bakossi, etwa 100 Kilometer nördlich der Stadt Douala, das artenreichste Gebiet im tropischen Afrika. Organisationen wie das Cameroon National Herbarium, Conservation and Research for Endangered Species (CRES) und die Darwin Initiative der britischen Regierung haben mehr als zehn Jahre mit der Untersuchung der Pflanzen zugebracht.

Außergewöhnlicher Artenreichtum

"Das ist die artenreichste Region Afrikas, die je untersucht wurde", meint Projektkoordinator Ben Pollard vom Kews Conservation Projekt. Seit 1995 untersuchen die Forscher gemeinsam mit der Umweltorganisation Earthwatch diese Region. Insgesamt haben sie 2.440 Pflanzen entdeckt, jede zehnte davon war bisher unbekannt. Die bisher unentdeckten Pflanzen sind aber keinesfalls alle so klein wie Macropodiella pellucida, die gerade auf den Fingernagel passt: "Einige der Bäume erreichen Höhen von 45 Metern und mehr", so Pollard. Spektakulär sind auch einige der 187 gefunden Orchideenspezies.

In der Region von Kupe-Bakossi liegen die beiden erloschenen Vulkane Mwanenguba und Edib, dazwischen erstrecken sich Grasländer und einige der niederschlagreichsten Wälder Afrikas. Die so genannten "Inselberge", das sind Gesteinsformationen, die wie Inseln aus dem Dickicht des Regenwaldes herausragen, waren auch Vorbild des Romans "The Lost World" von Arthur Conan Doyle. In diesem beschreibt der Autor die unzugängliche Region in der sogar Dinosaurier ohne Störung überlebt haben.

Gefahr durch Monokulturen

Mehr als 200 Pflanzenarten in der Region von Kupe-Bakossi sind bereits vom Aussterben bedroht. Menschliche Aktivitäten wie Monokulturen von Bananen und Kautschuk breiten sich immer weiter aus. "Monokulturen sind die größte Gefahr für tropische Böden", so James Leary vom Department of Tropical Plant and Soil Systems von der University of Hawaii. "Tropische Böden bieten zwar die Vorteile ganzjähriger Bebauung, sie sind aber viel eher der Bodenerosion ausgeliefert als jene der gemäßigten Zonen."

Zusätzlich zum Bodenverlust durch Erosion treten außerdem wesentlich stärkere Belastungen durch Kunstdünger und Pestizide auf. Wie groß der Nutzen aus den Urwäldern tatsächlich ist, zeigt seit mehreren Jahren der madagassische Forscher Nat Quansah auf: "Allein auf der Insel Madagaskar ist erst ein Prozent der insgesamt auf 15.000 geschätzten heimischen Pflanzen beschrieben", so der Goldman-Environmental Preisträger. Nach Schätzungen des Ethnobotanikers Michael Heinrich vom Center for Pharmacognoscy and Phytotherapy in London, wird weltweit jede zwölfte Pflanze als Arzneimittel genutzt. Für Quansah ist eines dabei sicher: Pflanzen können die Krankheiten der Welt heilen. Problematisch ist nur, dass viele für immer verschwinden, ehe sie erforscht werden. (pte)