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Geht es nach dem Tiroler Landeshauptmann Herwig van Staa (ÖVP), schaut das BZÖ bei der nächsten Regierungsbildung durch die Finger: "Das ist ausgereizt."

Zur Person

Herwig van Staa (63) ist Landeshauptmann von Tirol. Im Juni 2005 wurde er als ÖVP-Landesparteiobmann bestätigt.

Foto: APA/Techt
Standard: Herr Landeshauptmann, bei der Gründung des BZÖ meinten Sie, dass die Situation für die ÖVP nicht erfreulich ist. Müssen Sie sich nicht eigentlich wohl fühlen bei einem so zahmen Partner, wie es das BZÖ derzeit ist?

Van Staa: Ich war nie ein Freund dieser Koalition, das ist ja bekannt. Aber mangels eines anderen Koalitionspartners habe ich dann dem Pakt zugestimmt. Insgesamt hat die Regierung sehr viel erreicht. Dazu haben auch die Exponenten des BZÖ beigetragen.

Standard: Streben Sie trotzdem einen Koalitionswechsel an?

Van Staa: Ich gehe davon aus, dass die Volkspartei wieder stärkste Partei wird und dann im wesentlichen mehrere Koalitionspartner zur Verfügung stehen. Ich nehme auch an, dass sich im Bereich FPÖ, BZÖ etwas ändern wird.

Standard: Was soll sich ändern?

Van Staa: Beide Parteien müssen sich neu formieren. Wobei ich nicht sagen kann, in welche Richtung es geht.

Standard: Sie rechnen mit einer Wiedervereinigung von Orange und Blau?

Van Staa: Das halte ich alles für möglich. Aber es wird immer schwieriger.

Standard: Sollte es zur Wiedervereinigung kommen, wäre Blau-Orange dann wieder ein möglicher Koalitionspartner?

Van Staa: Man muss sich immer die handelnden Personen anschauen.

Standard: Wenn sich FPÖ und BZÖ nicht zusammentun, könnte es passieren, dass beide nicht mehr im Parlament vertreten sind. Würden Sie das bedauern?

Van Staa: Ja, sehr. Es sollten alle Meinungsspektren im Parlament vertreten sein. Ich hätte keine Freude, wenn es keine Partei rechts von der Volkspartei gäbe. Wir müssen ja darauf achten, uns abzugrenzen. Wir müssen uns als Partei der Mitte positionieren. Wenn der rechte Rand nicht mehr existiert ist diese Mitte gefährdet.

Standard: Das heißt, Sie drücken Heinz-Christian Strache die Daumen, dass er die Hürde ins Parlament schafft?

Van Staa: Ob das der Herr Strache ist, müssen die in der FPÖ dann selbst entscheiden.

Standard: Wann wählen wir denn?

Van Staa: Ich denke, dass im Herbst 2006 gewählt wird, ohne dafür eine Garantie abgeben zu können. Nicht, dass die Regierung insgesamt so stabil ist, aber Wolfgang Schüssel wird bis zum vorgesehenen Wahltag Bundeskanzler bleiben wollen.

Standard: Das heißt, Haider hat derzeit Ihrer Ansicht nach eine "unglaublich konstruktive Phase", wie Sie sie ihm mitunter attestieren?

Van Staa: Ah, das würde ich nicht sagen. Der kritisiert mich ja ständig. Ich glaube, er sollte sich mehr in Kärnten konstruktiv einbringen. Haider ist bemüht, Themen zu suchen, um Aufsehen zu erregen, siehe Steuerreform. Ich bin in einem Alter, wo ich nicht mehr nach Aufsehen dränge, sondern mir Ansehen erwerbe.

Standard: Aber es wird doch sicher Störfeuer während der EU-Präsidentschaft geben.

Van Staa: Sicher. Aber da wird Wolfgang Schüssel die entsprechenden Antworten finden. Das Problem, das möglicherweise auftritt, ist, dass die Erwartungshaltung vieler Regierungschefs in die Person Wolfgang Schüssel zu groß wird. Sowohl das EU-Budget, als auch die EU-Verfassung sind ja wirklich schwere Brocken. Dadurch hat Schüssel natürlich Gefährdungspotenzial. Aber wenn er etwas zustande bringt, wird das Ansehen des Kanzlers in ganz Europa gewaltig wachsen.

Standard: Wenn er dann noch Kanzler ist. Ein möglicher Regierungspartner dafür wären die Grünen.

Van Staa: Ich würde niemanden von einer künftigen Regierung ausschließen, außer in der derzeitigen Verfassung die Freiheitlichen und das BZÖ. Das ist ausgereizt, die haben kein Stammpotenzial. Sie kämpfen halt, dass sie politisch überleben.

Standard: Das BZÖ bietet sich aber schon heute wieder an.

Van Staa: Alle würden gerne mit uns eine Koalition eingehen. Nur mit dem BZÖ wird man schwerlich die nötigen Mehrheiten für Verfassungsreformen zustande bringen. Und das wäre in erster Linie das Ziel. Also gilt meine Präferenz nach wie vor der SPÖ.

Standard: Gusenbauer nennt die ÖVP die "schmutzigste Partei". Klingt nicht so, als sei Ihr präferierter Koalitionspartner von Ihren Plänen angetan.

Van Staa: Er hat das nicht so gemeint. Er hat nur einige Vorgänge gemeint. In Anspielung an irgendwelche Wahlkampfpraktiken, die ein untergeordneter Funktionär in der Steiermark entwickelt hat.

Standard: Glauben Sie wirklich, dass diese "Einzeltätertheorie" geglaubt wird?

Van Staa: Ich halte es für denkbar, dass vielleicht der Geschäftsführer involviert war. Auch Generalsekretäre hat es gegeben in allen Parteien, die wegen gewissen ,Sagern‘, die sie wahrscheinlich nie so gemeint haben, zurücktraten.

Standard: Was halten Sie von Alfred Gusenbauer?

Van Staa: Ich kenne den Herrn Gusenbauer und halte ihn für einen gescheiten Menschen. Ich glaube, dass wir mit der SPÖ unter seinem Vorsitz jederzeit eine Koalition bilden könnten. Ich glaube auch, dass wir jederzeit eine Koalition mit den Grünen unter Van der Bellen bilden könnten. Bei den Freiheitlichen kennt man jetzt die Personen nicht, daher muss man besonders vorsichtig sein. Und es wird von deren Verhalten abhängen, ob man dort wieder Koalitionen bilden kann.

Standard: Das BZÖ unter Haider haben Sie ausgelassen.

Van Staa: Sowohl FPÖ als auch BZÖ halte ich beide für unberechenbar.

Standard: Die Aussage Gusenbauers war auf den steirischen Wahlkampfknigge gemünzt. Die Performance Ihrer Kollegin Klasnic ist auch in der Causa Herberstein unglücklich.

Van Staa: Ich muss mir das erst anschauen. Ich hätte eine Kommission eingesetzt von erfahrenen Zoofachleuten, die beurteilen sollen, welche Ausgaben gerechtfertigt sind.

Standard: Auch im Land Tirol gibt es umstrittene Projekte: Der Brennerbasistunnel wird mit Volldampf von Ihnen vorangetrieben. Dabei divergieren die Kostenschätzungen stark, zwischen sechs und mehr als zehn Milliarden Euro.

Van Staa: Den Tunnel treib nicht nur ich voran, da gibt es einen einstimmigen Tiroler Landtagsbeschluss. Jetzt wird der Probestollen errichtet, dann können die Kosten genauer abgeschätzt werden.

Standard: Was macht Sie so sicher, dass der Tunnel auch benützt werden wird und kein Defizitgeschäft wird wie der Ärmelkanaltunnel?

Van Staa: Der Straßentransport wird teurer werden, durch den steigenden Ölpreis. Wir haben viel Umwegtransit aus der Schweiz. Aber die Schweiz wird wohl bald Mitglied der EU sein. Und wenn nicht, wird die EU es nicht zulassen, dass die Schweiz weiterhin Sonderreglungen beim Verkehr hat.

Standard: Sie setzen beim Tunnel auf private Interessenten. Wen gibt es noch außer Hans- Peter Haselsteiner?

Van Staa: Viele, auch Franzosen zum Beispiel. Es wird eine internationale Ausschreibung geben.

Wordrap

  • Alter: Hat Vor- und Nachteile. Mit der Erfahrung sieht man vieles gelassener.

  • Christentum: Ich bin überzeugter Christ. Ich hoffe, den Ansprüchen gerecht zu werden. Hilfreich ist, dass die Wähler die Gewissheit haben können, dass ich mich einmal verantworten muss für die getroffenen Entscheidungen.

  • Macht: Ist weder gut noch schlecht. Nach Max Weber die Chance, den eigenen Willen durchzusetzen. Ich habe einen starken Willen. Es geht um die Legitimierung: Mehrheiten sind in der Demokratie eine Notwendigkeit.

  • Nachfolger: Denke nicht daran. Ist frühestens drei Jahre nach der nächsten Wahl Thema.

  • Politikerimage: Schlecht. Teilweise zu Unrecht. Hoffentlich bekommt die Bevölkerung eines Tages nicht jene Politiker, von denen viele meinen, dass sie sie jetzt schon habe: nämlich Gauner.

  • Schwächen: Ungeduld. Manchmal nicht sehr beherrscht. Ich werde immer mehr zu einem überlegten Menschen.

  • Selbstbild: Viel bescheidener als manche meinen. Persönlich anspruchslos. Ich arbeite gern, lebe gern in Harmonie. Und trete Menschen offen gegenüber.

  • Wallnöfer: Schwiegervater. In vielen Bereichen ein großes Vorbild. Von der Persönlichkeitsstruktur gibt es auch Unterscheide.

(DER STANDARD, Printausgabe, 24.8.2005)