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93 österreichische Soldaten verstärken von August bis Oktober die ISAF-Friedenstruppe im nordafghanischen Kunduz.

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Kunduz - Als "überwiegend ruhig, jedoch nicht stabil", beschreibt Oberst Bernd Iben, der deutsche Kommandant der ISAF-Friedenstruppe im nordafghanischen Kunduz, die Lage in seinem Einsatzgebiet. Für drei Monate, von August bis Oktober, hat Iben auch 93 österreichische Soldaten zur Verstärkung. Ihre größte Herausforderung bisher sind das heiße, staubige Klima und die lange Dauer der einzelnen Einsätze, so Kontingentskommandant Oberstleutnant Johannes Eisner.

Kunduz liegt etwa 350 Kilometer nördlich der Hauptstadt Kabul. Künstliche Bewässerung hat einen grünen Landstrich inmitten wüster Berge geschaffen. Die Temperaturen klettern im Sommer oft über die 40 Prozent-Marke. Dennoch ist die Kugelschutzweste für die Soldaten Pflicht bei Fußpatrouillen.

Staubtuch ist Pflicht

Pflicht ist auch das Staubtuch vor dem Mund. Einige Straßen sind bereits geteert. Auf den anderen Pisten und Wegen hingegen wirbelt jedes Auto große Mengen Staub auf. Größere Kolonnen lassen die Fußgeher, Radfahrer und Pferdegespanne in regelrechten Staubwolken verschwinden.

Job des sogenannten regionalen Wiederaufbauteams (PRT - Provincial Reconstruction Team) in Kunduz ist es, zu Schaffung eines friedlichen Umfelds beizutragen. Kern des Konzepts ist die Zusammenarbeit zwischen militärischen und zivilen Kräften, ausdrücklich handelt es sich nicht um einen Kampfeinsatz. Iben hat daher mit Christian Buck einen gleich berechtigten Vertreter des deutschen Außenministeriums an seiner Seite.

"Wir treten im Doppelpack auf"

"Wir treten im Doppelpack auf", so Buck. Er berichtet von einem "entscheidenden Aufschwung", den Kunduz dank der Hilfe der internationalen Gemeinschaft bereits genommen habe. Straßen würden geteert, die Bewässerung sei wieder aufgebaut worden. Sicherheit und Entwicklung müssten Hand in Hand gehen, ist Buck überzeugt.

Bedroht ist diese Sicherheit laut Iben von mehreren Faktoren. Der Norden Afghanistans sei zwar ruhiger als der Rest des Landes. Jedoch: "Die Gefahr ist da. Ich will das nicht kleinreden." Noch immer gebe es Angehörige ehemaliger Milizen und ehemalige Taliban. Diese wollten den Aufbau stören, seien insgesamt aber zu schwach dafür.

Ein weiteres Problem ist die Korruption. Die Grenzpolizisten an der usbekischen Grenze etwa hätten seit neun Monaten kein Geld mehr bekommen, das verführe zur Bestechlichkeit.

Auch Gouverneur Mohammed Omar sieht in der manchmal mangelnden Ehrlichkeit seiner Beamten eines der größten Probleme seiner Provinz. Ein großes Anliegen sei ihm auch die Verbesserung der Schulbildung. Dann habe sein Land eine gute Chance, auch ohne Hilfe von außen auf eigenen Beinen stehen zu können. Hoffnung setzt Omar zudem in die bevorstehenden Parlamentswahlen am 18. September.

"Freundliche Wachsamkeit" im Umgang mit Einheimischen

Die Wahlen am 18. September sind auch der Grund für das neuerliche Engagement des Bundesheeres in Afghanistan. Die ISAF soll rund um diesen Termin verstärkte Präsenz zeigen und notfalls auch selbst eingreifen. Grundsätzlich sind für die Sicherheit im Land aber die eigenen afghanischen Kräfte, Polizei und Armee, zuständig.

Präsenz zeigen heißt in erster Linie Patrouillen durchführen. Zu Fuß in Kunduz, aber auch über weite Strecken auf Schotterpisten und schlechten Wegen mit dem Fahrzeug. Das Bundesheer hat dafür Pandur-Radpanzer und die neuen gepanzerten Dingo 2-Transporter nach Afghanistan gebracht. Zeitweise wird auch eine Außenstelle in Taluqan für mehrere Tage besetzt. Dazu kommt die Bewachung des Flugfelds, oft bei großer Hitze, oft von den frühen Morgenstunden bis in den Abend hinein.

Nicht in die Zuständigkeit der deutschen und österreichischen ISAF-Soldaten fällt die Bekämpfung des Drogenanbaus. Gouverneur Mohammed Omar betont zwar, in seinem Gebiet sei der Anbau rückläufig. Vorhanden ist er aber, betont der österreichische Kontingentskommandant Oberstleutnant Johannes Eisner dazu.

"Freundliche Wachsamkeit"

Die österreichischen Soldaten gehen gegen diesen Anbau zwar nicht vor, dies sei Angelegenheit der Briten. Dennoch bestehe die Möglichkeit, in Auseinandersetzungen hineingezogen zu werden. Umso wichtiger sei es, sich bewusst von den anderen Truppen zu unterscheiden. Eisners Rezept dafür heißt "freundliche Wachsamkeit". Dies bedeute den Versuch, mit den Einheimischen ins Gespräch zu kommen - etwa bei Fußpatrouillen - und Vertrauen aufzubauen.

Vertrauen schaffen soll auch die Unterstützung humanitärer Vorhaben. Die Caritas Österreich etwa unterstützt ein Frauenprojekt in Kunduz. Eine Textilfabrik gibt 40 Frauen Arbeit, dazu kommen eine Schule und ein Kindergarten. Derzeit arbeiten die Frauen an einem Auftrag aus Österreich und schneidern modische Schi-Hauben. Den Stoff dafür haben die österreichischen ISAF-Soldaten im Gepäck gehabt, als sie Anfang August ihren Einsatz in Kabul angetreten sind.

Die Österreicher in Kunduz sind Teil eines Wiederaufbauteams unter regionaler Führung. Insgesamt hat die "International Security Assistance Force" ISAF in der Stadt im Norden Afghanistans rund 450 Soldaten stationiert. Der Großteil des österreichischen Kontingents - 55 Personen - stammt aus Tirol. Die Kosten für die Mission gibt das Verteidigungsministerium mit 2,9 Millionen Euro an. (APA)