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Foto: APA/dpa/Jens Büttner
Wien - Wie lebt es sich als Frau in Wien? Frauenstadträtin Sonja Wehsely legte am Mittwoch im Rahmen einer Medienkonferenz den "Situationsbericht Frauen in Wien 2005" vor, der die spezifische Lebenssituation von Frauen und Mädchen in Wien anhand von zehn Themenschwerpunkten wie Beruf, Gesundheit, Wohnen oder Bildung beleuchtet. Das Ergebnis, so Wehsely, sei erfreulich: In der Bundeshauptstadt seien die Lebens-, Arbeits- und Einkommensbedingungen für Frauen und Mädchen besser als anderswo in Österreich.

Nicht alles rosig

"Der Bericht zeigt aber auch, dass es im Sinne echter Chancengleichheit noch jede Menge zu tun gibt", so Wehsely. Nach wie vor leisten Frauen den Großteil unbezahlter Arbeit und nach wie vor verdienen Frauen wesentlich weniger als Männer. Dass Wien im Österreich-Vergleich auch hier besser abschneidet, ist der Frauenstadträtin wenig Trost. "Hier wartet Arbeit. Es ist höchste Zeit, dass sich auch Frauenministerin Rauch-Kallat der Verantwortung ihres Amtes bewusst wird", fordert die Wiener Frauenstadträtin.

Analysen und Interviews

Erstellt wurde die Studie vom Wiener Sozialforschungsinstitut "L&R Sozialforschung". Methodisch fußt der Bericht auf der Aufarbeitung und Analyse von statistischen Materialien, Studien, Forschungsergebnissen und Expertisen. Zusätzlich sind zahlreiche Interviews mit ExpertInnen verschiedenster Fachbereiche in die Studie eingeflossen. Auftraggeberin war die Wiener Frauenstadträtin. "Weil die Bundesregierung lieber über einen allfälligen Männerbericht diskutiert, bin ich in Wien zur Tat geschritten und kann Ihnen somit einen umfassenden Bericht über die Lebenssituation von Frauen in Wien vorlegen", sagte Wehsely.

Gute Ausbildung

839.541 Frauen lebten Anfang 2004 in Wien. Mit 52,5 Prozent ist der Frauenanteil in Wien im Vergleich zu anderen österreichischen Gemeinden der höchste. Die ein Leben lang währende Ehe ist nicht mehr die vorherrschende Lebensform. Immer mehr jüngere Frauen mit höherer Bildung entscheiden sich für das Zusammenleben in Form einer Lebensgemeinschaft. Und Wien kann derzeit auf die bestausgebildete Frauengeneration aller Zeiten verweisen. Dabei seien jüngere Frauen heute auch besser ausgebildet als gleichaltrige Männer. Allerdings sei die Berufswahl von jungen Frauen nach wie vor stark an geschlechtsspezifischen Berufsstereotypen orientiert.

Hohe Frauenerwerbsquote

Sie beträgt in Wien 79 Prozent, österreichweit nur 64,2 Prozent. Dies wird unter anderem auf das dichte Netz von ganztägigen Kinderbetreuungseinrichtungen und die vielfältigen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten zurückgeführt. Von Arbeitslosigkeit betroffen sind vor allem niedrig qualifizierte Frauen sowie Wieder- und Berufseinsteigerinnen. Seit September 2004 ist die Arbeitslosenquote der Frauen in Wien kontinuierlich gesunken, während sie österreichweit gestiegen ist. "Das ist ein sehr erfreulicher Trend, den es durch ein Bündel von Förderungs- und Qualifizierungsmaßnahmen fortzusetzen gilt", unterstreicht Wehsely. "Die Qualifizierung von Frauen und das Schaffen neuer Arbeitsplätze haben oberste Priorität."

Einkommen

Unselbstständig erwerbstätige Frauen in Wien erzielen ein durchschnittlich knapp 20 Prozent höheres Nettojahreseinkommen als Frauen österreichweit. Der Netto-Einkommensvorsprung von Männern gegenüber Frauen beträgt in Österreich 56,2 Prozent, in Wien 36,0 Prozent. Studien zeigen, dass nur ein Teil der Einkommensnachteile von Frauen durch unterschiedliche Erwerbsbiografien von Frauen und Männern erklärbar ist.

Gesundheit

Die häufigsten gesundheitlichen Probleme der Wienerinnen beziehen sich auf den Bewegungsapparat und das Herz- Kreislauf-System, gefolgt von psychischen Problemen. Mehrfachbelastung und Stress gepaart mit rollenspezifischen Anforderungen (Schönheitsideale, erhöhter Leistungsdruck im Beruf) wirken tendenziell krankmachend.

Halbe-Halbe noch entfernt

Auch wenn Wienerinnen im Österreichvergleich mehr Unterstützung durch den Partner erhalten, leisten Frauen auch hier den Großteil unbezahlter Arbeit wie Kinderbetreuung, Hausarbeit oder die Pflege von Familienangehörigen. Besonders hohen Belastungen sind die 70.166 allein erziehenden Frauen ausgesetzt. "Halbe-Halbe bleibt eine wichtige Forderung, wenn es darum geht, Gerechtigkeit und Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern herzustellen", unterstreicht die Frauenstadträtin.

Im Großen und Ganzen sind die Ergebnisse des Berichts für die Wiener Frauenstadträtin Anlass zur Freude und konkreter politischer Handlungsauftrag zugleich. "Als Frauenpolitikerin darf man sich aber niemals auf Lorbeeren ausruhen. Frauenpolitik ist harte Arbeit und ich werde keinen Millimeter nachlassen", verspricht die Wiener Frauenstadträtin.

Grüne-Wien: Wiener Frauenbericht alarmierend

"Dieser Frauenbericht ist alarmierend", kommentiert die Frauensprecherin der Wiener Grünen, Monika Vana, den "Situationsbericht Frauen in Wien 2005". Vana: "Die SPÖ soll endlich aufhören mit angeblichen Jubelmeldungen über die Situation von Frauen in Wien und ihre Verantwortung stärker wahrnehmen. Zwar sind die politischen Rahmenbedingungen unbestritten besser als in anderen Bundesländern, aber die Benachteiligungen von Frauen gegenüber von Männern sind gravierend."

Die Probleme für Frauen in Wien seien vielfältig: Höchststand an Frauenarbeitslosigkeit, steigende Einkommensungleichheiten zwischen Frauen und Männern, mangelnde Kinderbetreuungsmöglichkeiten für unter Dreijährige, mehr Unternehmensschließungen von Frauen als -gründungen, in ihrer Existenz bedrohte Fraueneinrichtungen etc ...

Auch die Frauenvorsitzende der KPÖ, Katarina Ferro schlägt in die selbe Kerbe: Zustimmen könne die KPÖ Wehsely nur, wenn sie meint, 'von Chancengleicheit sind wir in Wien weit entfernt' - "Ein Manko, das nur durch harte Arbeit, nicht durch Jubelberichte auszugleichen sein wird", so Ferro abschließend. (red)