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Guido Westerwelle, FDP-Chef

Foto: reuters/Bensch
FDP-Chef Guido Westerwelle glaubt fest an eine Regierungsbeteiligung der FDP. Dann will er mit dem Radikalreformer Paul Kirchhof Steuern senken und – wenn es sein muss – auch die Konfrontation mit der Gewerkschaft suchen, sagt er im Gespräch mit Birgit Baumann.

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Standard: Sie gehen davon aus, in der nächsten Regierung zu sitzen. Worauf gründet sich dieser Optimismus?

Westerwelle: Die Deutschen werden sich mehrheitlich für den Neubeginn entscheiden.

Standard: Auch eine große Koalition wäre möglich.

Westerwelle: Es wird keine große Koalition geben. Wenn es für CDU/CSU/FDP nicht reicht, kommt eine linke Regierung aus SPD, Grünen und PDS. Vor die Wahl gestellt, sich für die Kanzlerschaft oder eine Juniorpartnerschaft unter der Union zu entscheiden, wird die SPD immer die Kanzlerschaft wählen.

Standard: Beansprucht die FDP im Falle eines Wahlsieges wieder das Außenministerium?

Westerwelle: Zuerst geht es um Inhalte. Da bin ich durch die Nominierung von Paul Kirchhof als Steuerexperte ins Wahlkampfteam von Angela Merkel inspiriert und hoch motiviert, ja fast beflügelt.

Standard: Hoffen Sie, dass er die Union von ihrem Plan, die Mehrwertsteuer von 16 auf 18 Prozent zu erhöhen, abbringt?

Westerwelle: Dass er diese Anhebung abgelehnt hat, zeigt ja, dass er für uns Liberale ein Verbündeter im Geiste ist. Wir werden auf eine Steuersenkungspolitik drängen, weil das das beste Beschäftigungsprogramm ist.

Standard: Wie gefällt Ihnen seine Vision von einem einzigen Steuersatz von 25 Prozent?

Westerwelle: Die Flat Tax als langfristiges Ziel ist Beschlusslage der FDP. Unser Stufensteuertarif mit 15, 25 und 35 Prozent ist der entscheidende Schritt, den eine schwarz-gelbe Regierung rasch umsetzen muss. Wir brauchen ein einfacheres und gerechteres Steuersystem mit niedrigeren Sätzen, das Investitionen ins Land holt.

Standard: Viele befürchten soziale Kälte, wenn die FDP in die Regierung kommt.

Westerwelle: Diese Kritiker wollen sich weiter auf Kosten der nächsten Generationen in der bürokratischen Staatswirtschaft einrichten. Wir brauchen aber weniger starre Tarifverträge und weniger Bürokratie bis hin zur Abschaffung des Ladenschlussgesetzes, auch wenn Gewerkschaftsfunktionäre dagegen sind. Sozial ist, was Arbeit schafft.

Standard: Sind Sie bereit, auf Konfrontationskurs mit den Gewerkschaften zu gehen?

Westerwelle: Ich suche keinen Konflikt, scheue ihn aber auch nicht. Natürlich ist der Neuanfang in Deutschland eine Herkulesaufgabe, aber diese Herkulesaufgabe haben auch andere europäische Länder geschafft. Dass die Arbeitslosigkeit in Österreich nur halb so hoch ist wie in Deutschland, kann ja nicht daran liegen, dass die Weltwirtschaft in Österreich sonnig ist und in Deutschland schattig.

Standard: Im Gegensatz zum Spaßwahlkampf 2002 mit dem Guidomobil gibt sich die FDP nun betont seriös. Haben Sie für das Wahlkampf-Finish noch einen Gag auf Lager?

Westerwelle: Wir gehen auch in Zukunft unkonventionelle Wege, um junge Menschen für Politik zu interessieren. Für mich zählt es nicht, welche Noten ich von Kritikern bekomme, sondern dass die FDP so stark ist wie noch nie seit der deutschen Einheit. (DER STANDARD, Printausgabe, 25.8.2005)