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Die stark angestiegene Linth bei Schwanden in der Schweiz als tosender Fluss mitten im Dorf

Foto: apa
Gegen die Wassermassen, die sich am Dienstag durch den Lech ergossen, hatte der Damm bei Pflach keine Chance. Dabei hätte er die Tiroler Gemeinde vor einem Jahr- hunderthochwasser bewahren sollen, "plus siebzig Zentimeter", erläutert Wolfgang Stalzer, Sektionschef für Wasserbau im Landwirtschaftsministerium.

Der Pflacher Damm war nach dem Pfingsthochwasser 1999 errichtet worden, als Schutz vor den Kapriolen eines der letzten alpinen Wildflüsse. Keine künstlichen Regulierungsmaßnahmen im Oberlauf des Lech, sondern im Gegenteil EU-Natura 2000-Schutz: Ein Umstand, den der Pflacher Bürgermeister Helmut Schönherr (VP) jetzt mitverantwortlich für das Ausmaß der Zerstörungen macht.

Ausbaggern

Aus dem Lech-Oberlauf müsse von nun an regelmäßig Schotter ausgebaggert werden, um dem Wasser Platz zu machen, fordert Schönherr. Bei Naturschützern stößt er damit auf Skepsis: Das Problem am Lech sei die "Einengung" bei Pflach, nicht die Naturnähe oberhalb, sagt Ullrich Eichelmann vom World Wide Fund for Nature (WWF).

Eichelmann ist überzeugt, dass an allen Flüssen nur mehr Überschwemmungsgebiet Schutz vor Hochwasser bietet. Unterstützung bekommt er etwa von Herbert Formayer vom Institut für Meteorologie der Universität für Bodenkultur in Wien, der voraussagt, dass derartige Fluten im Zeichen des Klimawandels in Zukunft häufiger stattfinden werden. Dennoch, so Eichelmann, setze man beim Hochwasserschutz in Österreich vor allem auf den Dammbau: "Die Grundstücke hinter dem Damm sind im Vergleich zu davor das Zehnfache wert. Sie können als Bauland gewidmet werden."

Zwar werden derzeit, um die diesbezüglichen Risiken an Flüssen erkennbar zu machen, vom Umweltministerium bundesweit für alle Gemeinden Gefahrenzonenpläne erstellt - doch nur, wenn die jeweilige Gemeinde mitmacht und zehn Prozent der Kosten trägt. Aus diesem Grund ist man mit dem Österreichkataster noch nicht weit.

Gefahrenzonenpläne Ist der Gefahrenzonenplan für die Gemeinde dann fertig, so gilt er dennoch nicht als verbindlich, sondern nur als Richtlinie. Entscheiden, ob flussnah gebaut wird oder nicht, kann weiter der Gemeinderat, der gegebenenfalls durch die Raum- und Bauordnungen der Länder kontrolliert wird. Etwa in Nieder- und Oberösterreich sowie in Salzburg, die unter dem Eindruck der "Jahrhundertflut" 2002 die jeweiligen Regelungen etwas verschärft haben - wenn auch nicht rückwirkend.

In Deutschland gibt es seit dem Jahr 1999 eine Datenbank, in der das Hochwasserrisiko jeder Adresse eingeschätzt wird - aufgebaut wurde sie von der Versicherungswirtschaft. Für Florian Wüst vom Rückversicherer Münchener Rück ist die Entwicklung aber klar: "Mit zunehmenden Schäden wird es höhere Prämien geben, die Selbstbehalte werden in gefährdeten Zonen steigen oder es wird überhaupt keine Polizze mehr angeboten."

Versicherungen streben Datenbank an

Bei den heimischen Assekuranzen ist man noch nicht so weit. Eine österreichweite Datenbank wird vom Verband der Versicherungsunternehmern erst angestrebt. Höhere Prämien sind dagegen offenbar noch kein Thema: Im Bereich der Haushaltsversicherungen gab es seit dem "Jahrhunderthochwasser" vor drei Jahren keine auffälligen Prämiensteigerungen.

Beim größten heimischen Versicherer, der Uniqa, wird das Flutrisiko nach Firmenangaben pauschal behandelt: auf Wunsch kann jeder für 4,44 Euro zusätzlich pro Jahr sein Gebäude gegen Flutschäden versichern lassen. Fast unabhängig von der Lage - nur in den beiden Jahren vor Abschluss darf es keine Flut gegeben haben. (DER STANDARD-Printausgabe, 25.08.2005)