Christie's erzielte für die beiden zwei Reiher von Johann-Joachim Kändler rund 5,6 Millionen Euro.

Foto: Christie's
Paris ist weder London noch New York, wo die achtstelligen Dollar-Weltrekorde purzeln, aber auch in der französischen Hauptstadt sorgen Käufer für Rekorde und gute Laune bei den Auktionatoren. Neue Käufer aus Russland und China treiben die Preise hoch.


Paris - Insgesamt setzten die Pariser Auktionshäuser 367 Mio. Euro im ersten Semester um. Das bedeutet eine generelle Verbesserung von sieben Prozent bei Christie's und bis zu 34 Prozent bei Pierre Bergé & Associés. Neue Käufer aus Russland und China bewilligen astronomische bis abstruse Preise und profitieren von den Warenreserven, die adelige Auktionatoren dank ihrer "social contacts" aus französischen Schlössern bergen.

Das Pariser Toplos des ersten Halbjahres gehört in die Kategorie der Ausnahmepreise: Christie's erzielte dank eines internationalen Marketings für zwei aus weißem Meissner-Porzellan modellierte Reiher des Meisters Johann-Joachim Kändler (um 1732) den Zuschlag von 5,612 Millionen Euro. Ein Weltrekord für europäisches Porzellan und das teuerste Kunstgewerbeobjekt, das je in Frankreich versteigert wurde. Weit darunter, aber trotzdem enorm hoch bewertet folgt in den Top Ten ein Stammeskunstobjekt: die nur 20 cm hohe Elfenbeinmaske "Lukungu" des Lega-Stammes aus der Sammlung Bela Hein. 2,4 Millionen Euro bezahlte ein Telefonbieter am 6. Juni im Hôtel Drouot.

Unter den zehn Höchstzuschlägen lagen drei Stammeskunstobjekte: An achter Stelle steht mit 1,4 Millionen Euro eine von Sotheby's zugeschlagene Luba-Kopfstütze. Rang zehn belegte der einzigartige Fang-Fächer mit dem anthropomorphen Elfenbeingriff aus Gabun mit 1,2 Millionen.

Art déco platziert sich im Hôtel Drouot, dank Auktionator Camard, an dritter und vierter Stelle: Platz drei für das teuerste der sechs Fauteuils "à la Sirène" von Eileen Gray, wofür die Art-déco-Händlerin Cheska Vallois 1,744 Millionen Euro für einen Kunden im Saal des Hôtel Drouot bewilligte. Platz vier für die Bronzeskulptur von Gustave Miklos, Jeune fille (1927), die den Weltrekordpreis für Miklos in der Höhe von 1,6 Millionen Euro ergatterte.

Das Altmeistergemälde von Pieter Brueghel dem Jüngeren, Hochzeitstanz, das Tajan am 21. 6. für 1,518 Millionen abgab, reiht sich auf Platz fünf. Ihm folgt eine Bronzeskulp- tur nach einem Modell von Jean de Bologne (1529-1609), Venus trocknet sich nach dem Bade ab oder Venus Cesarini, für die das Auktionshaus Rossini im Hôtel Drouot 1,443 Millionen Euro erzielte. Alfred Sisleys Moret-sur-Loing (1892) wurde bei Christie's mit 1,412 Mio. Euro bewertet.

Und Sotheby's reiht sich im Warenranking auf Platz neun, dank eines aus der Sammlung des Baron de Redé stammenden, 32-flammigen Lusters aus vergoldeter Bronze, Bleikristall und geschliffenem Glas, der am 17. 3. den stol- zen Zuschlag von 1,3 Millionen Euro verbuchte.

Diese Top-Ten-Zuschläge geben einen Überblick über die Warenverteilung im Hochpreisbereich: Fünf Zuschläge kommen auf das Hôtel Drouot, je zwei auf Christie's und Sotheby's, einer auf Tajan. Die Umsatzzahlen sind jedoch anders verteilt: Die Drouot AG setzte 217 Millionen Euro um, Christie's 49,3 Millionen, Tajan 37 Millionen, Artcurial-Briest-Le Fur-Poulain-F.Tajan 28,7 Millionen, Sotheby's 21,5 Millionen und Pierre Bergé & Associés 13,2 Millionen.

Christie's bekräftigt seinen Willen, das erste Auktionshaus Frankreichs zu werden. Die zehn aktivsten der 70 Drouot-Versteigerer reagieren gut auf die internationale Konkurrenz, die ihnen Marktanteile entzieht, und adoptieren die international praktizierten Methoden der Preisgarantien und Vorausbezahlungen. Tajan ist seit dem Weggang von Jacques und François Tajan eindeutig geschwächt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25.8.2005)