Die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) könnte bald Konkurrenz bekommen: Der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko und sein georgischer Amtskollege Michail Saakaschwili haben Mitte August bei einem Treffen im georgischen Borjomi die Idee der Gründung einer alternativen Gemeinschaft zur GUS ohne Russland proklamiert.

"Gemeinschaft der demokratischen Wahl" (GdW) soll die regionale Vereinigung der Demokratien vom Baltikum übers Schwarze Meer bis zur kaspischen Region heißen. Vergangene Woche gab es bereits das erste Treffen zwischen den Präsidenten Polens, Litauens, Georgiens und der Ukraine auf der Krim, um die neue Staatenallianz auf den Weg zu bringen. Die Ausarbeitung eines Entwurfes für die GdW wurde fortgesetzt. Im Herbst ist ein Gipfel in Kiew mit der Vorstellung des Gesamtkonzeptes geplant.

Kein zufall

Die Initiative kam nicht zufällig wenige Tage vor dem GUS-Gipfel am Freitag in Russland: Die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion gegründete GUS wird spätestens seit den Revolutionen in Georgien und in der Ukraine wegen ihrer Bedeutungslosigkeit infrage gestellt. Auch der kommende GUS-Gipfel scheint nicht viel versprechend zu werden: Dass die Gemeinschaft eine Reform braucht, sagte zwar jüngst auch Russlands Außenminister Sergej Lawrow. Er erhielt aber ein Njet aus Usbekistan. Die ukrainischen Reformvorschläge wiederum wies Moskau zurück.

Ungewiss ist aber auch das Schicksal der GdW: Die Demokratisierung der Region ist eines der Hauptziele der GdW. Von einer "neuen Ära der Demokratie, Sicherheit, Stabilität und des Friedens in ganz Europa bis zum Kaspischen Meer", sprach man nach dem Treffen in Borjomi. Ob daraus etwas wird, ist aber eine Frage der Ressourcen, die der GdW zur Verfügung gestellt werden. Bislang wurden keine konkreten Zusagen gemacht. Und gerade die Länder am Kaspischen Meer werden der Demokratieexpansion wenig abgewinnen können.

Der GdW liegt die Anfang der 90er kreierte Idee zugrunde, einen Kordon zwischen der Region und der EU zu schaffen. Das Ziel sollte die Kontrolle aller Transportströme und Pipelines und die Sicherstellung der Unabhängigkeit der Staaten von Russland in der Energieversorgung sein. Diese Pläne waren nie ganz verstummt und finden gerade jetzt nach den jüngsten Führungswechseln in der Region immer stärkeren Anhang. (DER STANDARD, Printausgabe, 25.8.2005)