Ganz ähnlich wie die SPD in Deutschland, aber mit ungleich mehr Übung sind die französischen Sozialisten damit beschäftigt, ihre Partei im Umgang mit dem Linkspopulismus zu zerlegen. Während die deutschen Sozialdemokraten ihren früheren Parteichef im nächsten Bundestag wohl als Hauptredner der neuen Linkspartei begrüßen dürfen, loten die Gegner des französischen Parteivorsitzenden Francois Hollande noch die Chancen für einen roten Putsch aus. Die mittlerweile alle fünf Jahre stattfindenden Präsidentschaftswahlen sind der einzige Horizont der französischen Politiker; die Wirkungslosigkeit der Arbeitsmarktpolitik und die jahrelang vor sich hin säuselnde Rhetorik vom großen Europa, das von Frankreich angetrieben würde, sind dagegen der große Frust der Bürger. Irgendwie wird man das schon in Deckung bringen können, denken sich Hollandes Gegner. Im Mai 2007 wird wieder gewählt.

Mit dem Linksruck im Dienste des Präsidentschaftswahlkampfs haben die Sozialisten viel Erfahrung. Francois Mitterrand, der von 1981 bis 1995 im Elysée-Palast residierte, entdeckte erst Anfang der 70er-Jahre, nach einer langen Karriere als bürgerlicher Minister in der Vierten Republik (1946-58), das revolutionäre Feuer in sich. Mit einer Kampfabstimmung beim Parteitag in Metz 1979 besiegelte er seine - erfolgreiche - Strategie einer Allianz mit den Kommunisten. Mitterrand wurde Präsident, die Revolution blieb aus.

Die Erinnerung an Metz macht es, dass sich Frankreichs Sozialisten heute vor einer neuen historischen Richtungswahl wähnen: Francois Hollande auf der einen, Laurent Fabius, der politische Ziehsohn Mitterrands, auf der anderen Seite. Fabius fand mit seiner Nein-Kampagne zur EU-Verfassung den Linkspopulismus für sich - nur er selbst ist notorisch unpopulär. (DER STANDARD, Printausgabe, 26.08.2005)