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"Die Anordnung des Bundespräsidenten, den Bundestag aufzulösen und die Wahlen auf den 18. September festzusetzen, verstößt nicht gegen das Grundgesetz", entschieden die Höchstrichter Deutschlands.

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"Dies war von Anfang an mein Ziel", sagt Schröder zum Urteil des Verfassungsgerichtshofes und bittet um "Bestätigung meiner Reformpolitik" bei der Wahl.

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SPD-Chef Franz Müntefering will sich nach seinem Zusammenbruch nun mehr Ruhe gönnen.

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Aufatmen in Berlin: Nachdem die Verfassungsrichter die vorgezogene Wahl erlauben, wünscht sich Schröder jetzt nur noch eine Bestätigung seiner Reformpolitik durch das Volk.

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Donnerstag, zehn Uhr, Karlsruhe: Rund um das Bundesverfassungsgericht zieren bereits bunte Wahlplakate die Straßen. Drinnen ist die Spannung greifbar. Ein Nein der Höchstrichter zu vorgezogenen Wahlen wäre zwar eine Sensation, aber man kann nie wissen. Das Höchstgericht hat schon öfter für Überraschungen gesorgt.

Pünktlich um zehn Uhr erscheint der Vorsitzende des Zweiten Senats, Winfried Hassemer, in roter Robe. Er macht es kurz und verkündet gleich: "Die Anordnung des Bundespräsidenten, den Bundestag aufzulösen und die Wahlen auf den 18. September festzusetzen, verstößt nicht gegen das Grundgesetz." Das Urteil fiel eindeutig, aber nicht einstimmig aus: Sieben der acht Juristen befanden, der Beurteilung von Gerhard Schröder sei "keine andere Einschätzung eindeutig vorzuziehen". Der Kanzler hatte den Wunsch nach Neuwahlen ja mit fehlendem Vertrauen im Bundestag begründet.

Entscheidung zwischen "Pest und Cholera"

Hassemer machte aber deutlich, dass die Urteilsfindung nicht einfach war. Zunächst habe er, wie viele in Deutschland, gedacht, man müsse zwischen "Pest und Cholera" entscheiden - also zwischen einer "Staatskrise durch ein Nein zur Neuwahl" oder "dem Versuch, das Grundgesetz hinzubiegen", um grünes Licht zu geben. Bald aber sei klar gewesen, dass das Gericht Schröders Begründung für mangelndes Vertrauen nicht überprüfen könne.

Während die Abgeordneten Werner Schulz (Grüne) und Jelena Hoffmann (SPD), die die Klage eingebracht hatten, den Journalisten ihre Enttäuschung in die Mikrofone diktierten, atmete das politische Berlin kollektiv auf. "Dies war von Anfang an mein Ziel", sagt Schröder zum Urteil und bittet erneut um "Bestätigung meiner Reformpolitik" bei der Wahl, während Unionskanzlerkandidatin Angela Merkel dazu aufruft, mit einer unionsgeführten Regierung "einen neuen Anfang zu wagen".

Müntefering brach zusammen

Erstes Opfer des stressigen Wahlkampfes ist SPD-Chef Franz Müntefering. Nachdem er bei einem Wahlkampfauftritt im saarländischen Homburg wegen eines Magen-Darm-Virus zusammengebrochen war, musste er die Nacht auf Donnerstag im Krankenhaus verbringen. Am Vormittag wurde er wieder entlassen. Er will sich in den nächsten Tagen mehr Ruhe gönnen.

Andere Sorgen hat Merkel: Immer mehr CDU-Granden sehen das Steuerkonzept ihres Reformers Paul Kirchhof skeptisch. Er schlägt nur noch einen einzigen Steuersatz von 25 Prozent vor und will dafür alle Steuervergünstigungen streichen. "Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass man mit der Flat Tax soziale Gerechtigkeit herstellen kann. Aber das hätte ich gerne bewiesen", sagt der hessische Ministerpräsident Roland Koch. Auch sein niedersächsischer Amtskollege Christian Wulff hat erklärt, Kirchhofs Modell entspreche nicht dem deutschen Gerechtigkeitssystem. (DER STANDARD, Printausgabe 26. 8. 2005)