Bild nicht mehr verfügbar.

Zeigt auch im Gefängnis noch ungebrochenen Kampfesmut: Michael Chodorkovski. (Archivfote vom Juni 2004)

Foto: AP
Moskau - So werden es sich die Organisatoren der Causa Michail Chodorkowski nicht vorgestellt haben. Kaltstellen wollte die Staatsmacht den - mittlerweile ehemaligen - Chef des filetierten Ölkonzerns Yukos. Dies glaubte sie mit einer neunjährigen Haftstrafe wegen Betruges und Steuerhinterziehung erreicht zu haben. Die erwünschte Ruhe rund um den einst reichsten Mann Russlands ist aber nicht eingekehrt, im Gegenteil. Wie Chodorkowskis Anwalt Anton Drel am Dienstagabend mitteilte, verweigere sein Mandant seit mindestens zwei Tagen Essen und Trinken - aus Solidarität mit seinem mitinhaftierten Freund und Ex-Geschäftspartner Platon Lebedew, der wegen Ungehorsams mit einer Woche Isolationshaft bestraft wurde.

Lebedew hatte angeblich den Hofspaziergang verweigert, zu dem er aber laut seiner Anwältin ohnehin wegen einer Krankheit nicht mehr in der Lage gewesen wäre. Die Strafmaßnahme endete am Donnerstagabend, Lebendew wurde wieder in eine Gemeinschaftszelle verlegt, wie die Gefängnisaufsicht mitteilte. Somit könnte auch Chodorkowskis Hungerstreik enden, dessen Gesundheitszustand sich laut Anwalt Genrich Padwa "deutlich verschlechtert" habe.

Chodorkowski selbst sieht den Grund für die Strafmaßnahmen gegen Lebedew darin, dass sich der Kreml in einer Art Sippenhaftung für einen Artikel rächen wollte, den Chodorkowski dem Wirtschaftsblatt Vedomosti übermitteln ließ. Darin hatte er von der Notwendigkeit eines Linksrucks in Russland gesprochen und den Kreml kritisiert. Nachdem er sich dann auch noch um ein Abgeordnetenmandat für die Nachwahl in die russische Staatsduma beworben hatte, was er bis zum Abschluss der Berufungsverhandlungen gesetzlich darf, haben sich kürzlich auch seine eigenen Haftbedingungen verschlechtert.

Wie schlecht es ihm wirklich geht, ist auch längst Gegenstand eines Informationskrieges geworden. Seit Beginn der Causa vor zwei Jahren haben die Yukos-Mannschaft und Chodorkowskis Anwaltsriege in diesem Krieg die Nase um Längen vor der Staatsmacht. Chodorkowski hat es von einem verpönten Oligarchen zum Image des Dissidenten geschafft. Er will sich als politische Figur im Gespräch halten, und ein Hungerstreik liegt durchaus im Rahmen seiner Kampfbereitschaft. Die restoppositionellen Kräfte jedenfalls haben längst auf ihn gesetzt. (DER STANDARD, Printausgabe 26. 8. 2005)