Während des Auftritts von Vojislav Seselj als Zeuge der Verteidigung, forderte Milosevic diesen auf, den Begriff "Großserbien" zu definieren. Nice legte aber postwendend Einspruch ein - mit der Begründung, dass dieser Begriff nicht etwas sei, für das Milosevic in der Anklage verantwortlich gemacht worden sei.
Verblüffte Richter
Die Richter reagierten verblüfft und erklärten, dass das mutmaßliche Vorhaben von Milosevic, ein "Großserbien" zu schaffen, die Basis sei, auf der die Staatsanwaltschaft die Anklage gründe. Zur Untermauerung ihrer These zitierten sie aus verschiedenen Dokumenten des Gerichts und der Anklage selbst, in denen angeführt wird, dass "Großserbien" das Kriegsziel von Milosevic gewesen sei. Sie seien ob des geänderten Standpunkts der Ankläger überrascht, erklärten die Richter ohne Umschweife.
Seine These über "Großserbien" erklärend, behauptete Nice, dass Milosevic mit den Kriegen in Ex-Jugoslawien beabsichtigt habe, die Idee "Alle Serben in einem Staat" zu realisieren. Dies, so Nice, sei mit der Idee "Großserbien" nahezu identisch. Zugleich negierte Nice, dass die Anklage ihren Standpunkt geändert hätte.
Diese Diskussion zwischen Richter und Ankläger verärgerte Milosevic offensichtlich. Nice wisse und verstehe selbst drei Jahre nach Beginn des Prozesses nicht, für was er ihn, Milosevic, verantwortlich mache, drückte der Angeklagte seinen Unmut aus.
Seselj, der ebenfalls im UNO-Gefängnis in Scheveningen einsitzt und sich vor Beginn des Prozess gegen ihn vor dem Haager Tribunal noch etwa gedulden muss, nahm sich erneut kein Blatt vor dem Mund. Ein "Großserbien", für das er sich einsetze, müsse Bosnien-Herzegowina und große Teile Kroatiens einschließen. Gleichzeitig dürfe dieses Ziel aber nicht mit gewalttätigen Mitteln und der Vertreibung der nicht-serbischen Bevölkerung erreicht werden, fügte der Chef der ultranationalistischen Serbischen Radikalen Partei (SRS) hinzu.