Bei der Befreiung der italienischen Geiseln im Irak sind die US-Truppen mehrmals hinters Licht geführt worden. Das beweisen neue Enthüllungen von Maurizio Scelli, der als Kommissar des Roten Kreuzes in Bagdad an mehreren Geiselbefreiungen beteiligt war. So berichtete Scelli, als Gegenleistung für die Freilassung von Simona Pari und Simona Torretta hätten italienische Ärzte vier verletzte, von den USA gesuchte Terroristen medizinisch behandelt.

Die vier seien in zwei Fahrzeugen unter Decken und Arzneimittelpackungen an zwei US-Kontrollposten vorbei ins italienische Rot-Kreuz-Spital in Bagdad geschmuggelt und dort operiert worden. Die Befreiung der zwei Geiseln sei mit Zustimmung der römischen Regierung hinter dem Rücken der USA ausgehandelt und vollzogen worden.

Premier Silvio Berlusconi reagierte verärgert auf Scellis Enthüllungen. Es habe sich um einen Alleingang des Roten Kreuzes ohne Wissen der Regierung gehandelt. Die Zusammenarbeit zwischen Italien und den USA im Irak habe stets reibungslos funktioniert. Aus Scellis Enthüllungen geht dagegen hervor, dass das US-Oberkommando bei der Befreiung mehrerer italienischer Geiseln gezielt hintergangen wurde. Maurizio Scelli gilt als Vertrauensmann von Premier Silvio Berlusconi. Für Washington handelt es sich um eine "inneritalienische Angelegenheit". Die Opposition forderte eine Erklärung der Regierung im Parlament. (DER STANDARD, Printausgabe, 27./28.08.2005)