Damaskus/Hamburg/Genf - Im Konflikt mit der vom UNO-Sicherheitsrat eingesetzten Untersuchungskommission zum Mord an dem ehemaligen libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri hat Syriens Staatschef Bashar Assad Einlenken signalisiert. Seine Regierung werde sich gegenüber der internationalen Kommission, die von dem deutschen Oberstaatsanwalt Detlev Mehlis geleitet wird, "rückhaltlos kooperativ" verhalten, betonte Assad in einem Interview mit dem am Montag erscheinenden Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Mehlis könne jeden Syrer befragen, mit dem er zu sprechen wünsche, sagte Assad laut einer Vorausmeldung vom Samstag. "Das ist in meinem und im Interesse Syriens".

Geheimdienste

Syrien habe mit dem Mordanschlag auf Hariri vom Februar "überhaupt nichts" zu tun, da sei er sich "ganz sicher", unterstrich Assad. Mehlis war am Freitag in Genf mit syrischen Diplomaten zusammengetroffen. Am Donnerstag hatte der UNO-Sicherheitsrat Syrien indirekt zur vollständigen Zusammenarbeit mit den UNO-Ermittlern aufgefordert. Das gelte vor allem für jene, deren "angemessene Antworten" noch ausstünden. Mehlis soll seinen Bericht mandatsgemäß bis spätestens 15. September dem höchsten UNO-Gremium vorlegen, er kann aber noch eine dreimonatige Verlängerung der Untersuchungen beantragen.

Der Anschlag auf Hariri hatte eine politische Dynamik in Gang gesetzt, die Ende April zum Abzug der syrischen Truppen aus dem Libanon nach 29-jähriger Präsenz führte. Damaskus hatte von der libanesischen Regierung eine offizielle Entschuldigung für Verdächtigungen gefordert, wonach syrische Geheimdienste hinter der Ermordung Hariris stecken würden. Nach Angaben der syrischen Regierung wurden 37 Syrer im Libanon bei antisyrischen Ausschreitungen in den Wochen nach dem Hariri-Mord getötet, 280 syrische Arbeiter verletzt.

"Die Sicherheit Syriens gefährden"

Syrien hatte den Libanon zuletzt beschuldigt, den fundamentalistischen Moslembrüdern, die das laizistische Baath-Regime in Damaskus bekämpfen, freie Hand zu lassen. Damit würde die neue libanesische Regierung im Widerspruch zu den von ihr eingegangenen Verpflichtungen "die Sicherheit Syriens gefährden", welche untrennbar mit jener des Libanon verbunden sei, erklärte der syrische Informationsminister Mahdi Dakhlallah. Die 1929 gegründete Moslembruderschaft strebt ein theokratisches Staatswesen an. Ein von ihr angezettelter bewaffneter Aufstand in der syrischen Stadt Hama war 1982 von Sondertruppen blutig niedergeschlagen worden. Zahlreiche Anhänger der Bewegung sind in Syrien in Haft.

Der neue libanesische Ministerpräsident Fouad Siniora hatte sich in seiner Regierungserklärung zu "privilegierten, gesunden und soliden" Beziehungen mit Syrien bekannt. Die beiden Regierungen hatten am 31. Juli ein gemeinsames Kommuniqué veröffentlicht, in welchem es hieß, die syrische Seite wolle "die bestmöglichen Beziehungen zum Libanon entwickeln, auf der Basis der Unabhängigkeit und Souveränität eines jeden der beiden Länder". (APA/AFP/sda)