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Foto: AP/NOAA
Wie so oft wird auch bei "Katrina" die Verschuldensfrage gestellt. Und was liegt in dieser ökologisch sensiblen Zeit näher, als die Ursache von "Katrina" dem Klimawandel zuzuschreiben? Doch diese Kausalität ist nicht erwiesen. Erst seit 60 Jahren werden Wirbelstürme systematisch aufgezeichnet: eine zu kurze Zeit, um einen Trend abzuleiten. Auch wenn es im vergangenen Jahrzehnt pro Jahr fast doppelt so viele Hurrikans gab wie zuvor, ihre Energie um das Zweieinhalbfache über dem Durchschnitt lag, sich im Vorjahr erstmals auch vor Brasilien ein Hurrikan bildete - obwohl diese Meeresregion wegen niedriger Wassertemperaturen bisher verschont blieb.

Der Motor jedes Wirbelsturms ist verdunstendes Warmwasser. Erreicht die Oberflächentemperatur des Meeres mehr als 26 Grad Celsius und ist es darüber deutlich kühler, läuft die verheerende Maschinerie an. Die erwärmte Luft steigt auf. Erst langsam, dann immer schneller, schließlich schießt sie empor, reißt dabei Wasserdampf mit und wird von der Corioliskraft, hinter der die Erdrotation steht, in Wirbel versetzt. In der kühleren Höhe kondensiert der Dampf, in nur einem Kubikmeter Wolke können zehn Gramm flüssiges Wasser enthalten sein: eine bis zu 15 Kilometer hohe Wassersäule, aus der pro Tag bis zu 3000 Liter auf jeden Quadratkilometer fallen können. Und es gibt permanent Nachschub. Denn der wegen der aufsteigenden Luft abfallende Luftdruck saugt ständig neue Luftmassen Richtung Zentrum.

Ruhe im "Auge"

Die Zentrifugalkraft des rotierenden Wirbels lässt die einströmende und Energie verstärkende Luft aber nicht in die Mitte - dort, im "Auge" des Hurrikans, herrscht Ruhe, sinkt trockene Luft aus der Stratosphäre herab. Je nach Rotationsgeschwindigkeit wird seine Stärke in fünf Stufen eingeteilt. Ein durchschnittlicher Hurrikan setzt pro Tag fast 200-mal so viel Energie frei wie alle Kraftwerke der Welt zusammen.

Aufgrund dieser Mechanik könnten wärmere Ozeane künftig häufiger Hurrikane entfachen, mehr Wasserdampf in der Luft zudem ihre Gewalt vergrößern: Kondensation setzt vermehrt Wärmeenergie frei. Sowohl der Gehalt an Wasserdampf als auch die Temperatur des Atlantiks sind in den vergangenen Jahrzehnten gestiegen, bestätigen Klimaforscher. Ob ein Hurrikan entsteht, hängt aber auch von Strömungen in der Atmosphäre ab: Eine Voraussetzung sind stabile Luftschichten. Noch ist auch unklar, welchen Anteil Klimaphänomene wie El Nino haben. Langfristige Prognosen sind daher kaum möglich. Bei saisonalen Vorhersagen sind Forscher mutiger. Für dieses Jahr sei in den USA und der Karibik mit sieben Wirbelstürmen zu rechnen, warnte Meteorologe William Gray von der Colorado State University im Juni. Der dritte tobt gerade. (Andreas Feiertag/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30. 8. 2005)