Der ehemalige Chefredakteur der französischen Tageszeitung "Le Monde", Edwy Plenel, ist mit Monatsbeginn endgültig aus der Pressegruppe ausgetreten, wie aus einer internen Mitteilung an die Redaktion hervorging, die am Samstag von französischen Medien veröffentlicht wurde. Bereits im November des Vorjahres war der 53-Jährige, der seit 1996 die Redaktion des renommierten Pariser Blattes geleitet hatte, vom Posten des Chefredakteurs zurückgetreten.

Im Vorjahr hatte Plenel erklärt, dass er vom Posten des Chefredakteurs zurücktrete, um "zu den einfachen Freuden des Journalismus und des Schreibens zurückzukehren". Er wurde damals mit der Errichtung der Stiftung "Fondation du Monde" beauftragt, von der man allerdings seither nichts mehr gehört hat. Plenel hatte seine Tätigkeit bei "Le Monde" 1980 als Redakteur im Ressort Bildung und Wissenschaft begonnen. 1982 wurde er Verantwortlicher für Polizeithemen und 1990 Leiter des Chronik-Ressorts. 1994 rückte er zum stellvertretenden Chefredakteur vor und 1996 zum Chefredakteur. Seit Mai 2001 ist er auch stellvertretender Generaldirektor der Verlagsgesellschaft Le Monde SA.

Meinungsverschiedenheiten

Die Meinungsverschiedenheiten mit dem Verleger Jean-Marie Colombani begannen, als die Aktiengesellschaft "Le Monde SA" nach externen Investoren suchte, um ihre finanziellen Verluste wettzumachen. Im Vorjahr verkaufte die Gesellschaft 17 Prozent des Kapitals an den Industriellen Lagardere, 15 Prozent an die spanische Pressegruppe Prisa und 3 Prozent an die Turiner Tageszeitung der FIAT-Gruppe "La Stampa". Plenel wollte dagegen auf die Unabhängigkeit der Zeitung beharren und setzte sich zur offiziellen Linie der Direktion in Widerspruch.

Plenel, der aus seiner Vergangenheit bei der trotzkistischen Kommunistischen Revolutionären Liga (LCR) keinen Hehl machte, war bekannt für seine "aufreißerischen" Artikel, die dem eher gemäßigten Tonfall der renommierten Tageszeitung nicht immer entsprachen. So wurde etwa kritisiert, dass er den Reality-Shows zu breiten Raum gab und oft skandalumwitterte Artikel veröffentlichte. In der Redaktion genoss er den Ruf, "tyrannisch" zu sein. Indiskretionen zufolge sollen es sogar die neuen Investoren in der Pressegruppe gewesen sein, die Plenels Kopf verlangt haben. (APA)