Moskau - Hämisch waren die Worte von Russlands neuem Staatschef Wladimir Putin über den tschetschenischen Präsidenten Aslan Maschadow. Wenn er unter "politischer Impotenz" leide, wolle Russland ihm gern helfen, war die Reaktion Putins auf das einseitige Waffenstillstandsangebot des 1997 unter internationaler Aufsicht gewählten Maschadow. Er wolle kein "Geschwätz" mehr hören, sondern Taten von Maschadow sehen, fügte Putin hinzu. Ohnehin sei Maschadow ein "Verbrecher". Er solle sich beeilen, wenn er noch vom Amnestie-Gesetz profitieren wolle. Knapp einen Monat nach dem Sieg Putins bei der Präsidentenwahl werden auch in Russland die Rufe nach einer politischen Lösung des Tschetschenien-Kriegs lauter. Putin, der in den vergangenen Tagen zwar außenpolitische Erfolge wie die Ratifizierung des START-II- Vertrages und des Atomteststopp-Abkommens verbuchen konnte, steht unter Druck. Der Ex-Geheimdienstchef hat seinen rasanten Aufstieg vom Ministerpräsidenten in den Kreml vor allem dem Kaukasus-Krieg zu verdanken. "Man muss jetzt daran denken, die Beziehungen zur Außenwelt zu gestalten", schrieb die Zeitung "Iswestija". Russland müsse spätestens bis zum G-8-Gipfeltreffen in Japan im Juli "irgendwelche Pläne zur Lösung der Krise in den Händen haben oder zumindest den Anschein des Prozesses einer Suche (...) erwecken." Nebulöser "politischer Dialog" In dem nebulösen "politischen Dialog", den der Kreml Tschetschenien in Aussicht stellt, kommt indessen Maschadow nicht mehr vor. Der Kreml rede nur mit "realen politischen Figuren", sagte der für Tschetschenien zuständige Kreml-Sprecher Sergej Jastrschembski. "Aslan Maschadow gehört nicht zu solchen Politikern." Moskau erkennt Maschadow, der 1996 die Abkommen zur Beendigung des ersten Tschetschenien-Krieges unterzeichnet hatte, als Präsidenten nicht mehr an. Das Militär, für das die Rechnung des ersten Krieges noch offen ist, sieht Verhandlungen mit Maschadow als "Verrat an der Armee". Politische Verhandlungen, so wollen es die Generäle, kann es erst nach dem - allerdings noch nicht absehbaren - Ende des Feldzuges geben. Nach sieben Monaten Krieg haben die russischen Streitkräfte den Sieg entgegen anfänglichen Versprechungen nicht davongetragen. In Guerilla-Taktik greifen die Rebellen in den Bergen immer wieder russische Posten und Konvois an. Die Wälder sind wieder grün und bieten den Kämpfern Schutz. Die steckbrieflich gesuchten Kommandeure wie Schamil Bassajew und der Jordanier Chattab sind weiterhin auf freien Fuß. Der sich hinziehende Feldzug, der monatlich nach Regierungsangaben 2,5 Milliarden Rubel (92,9 Mill. Euro/1,279 Mrd. S) kostet, wird zu einer Budgetlast. Verhandlungspartner nicht in Sicht Mit wem Moskau aber verhandeln will und kann, ist unklar. Der inguschetische Präsident Ruslan Auschew, ein Vermittler zwischen dem Kreml und Maschadow, warnte demonstrativ bei einem Treffen mit einer Delegation der Europäischen Union: "Das Tschetschenien-Problem ist nur mit Maschadow zu lösen." Unklar ist jedoch auch, wie weit die Macht Maschadows über die bis zu 2000 Rebellen in Tschetschenien noch reicht. Nach Informationen des Militärs befehligt er nur noch 300 bis 400 Kämpfer. Zweifel an Maschadows Einfluss kommen auch angesichts der Meldungen der Rebellen im Internet über andauernde Gefechte auf, die im Widerspruch zu der von Maschadow ausgerufenen einseitigen Waffenruhe stehen. Die Bedingungen Putins, die führenden Feldkommandanten auszuliefern und alle Geiseln zu befreien, kann Maschadow nach Meinung der Zeitung "Kommersant" ohnehin nicht erfüllen. "Aber das Wichtigste ist, dass Putin jetzt der Weltgemeinschaft sagen kann, dass er bereit war, persönlich mit Maschadow zu sprechen", schrieb das Blatt. (APA/dpa)