Foto: Andreas Proschofsky / derStandard.at
Das neu gegründete openSUSE -Projekt soll sich deutlich stärker als andere Community-Distributionen an die EndbenutzerInnen richten: "Die User sollen im Mittelpunkt stehen", so Novells Greg Mancusi-Ungaro im Gespräch mit dem WebStandard am Rande der Brainshare in Barcelona.

Zentral

Viele Distributionen seien vor allem auf die Bedürfnisse von EntwicklerInnen ausgerichtet, openSUSE will sich da klar von Projekten wie Debian, Gentoo oder auch Fedora abheben. Es gehe darum möglichst viele Menschen mit openSUSE zu erreichen darum werde es auch die SUSE Linux-Boxen weiter geben. Diese seien zwar kommerziell gesehen kein großer Erfolg sind, es gebe aber auch viele UserInnen, die Support und Handbücher für ihr Linux-System haben wollen, diese will man unterstützen.

Öffnung

Laut Mancusi-Ungaro war die Umstellung auf einen offenen Entwicklungsprozess für die SUSE-Basis von Anfang an geplant, die KundInnen haben dies auch immer wieder gefordert, seit der Übernahme durch Novell noch stärker. Es sei aber fürs Erste wichtiger gewesen, die eigenen Produkte wie den SUSE Linux Enterprise Server 9, den Novell Linux Desktop 9 oder auch den Open Enterprise Server in den Markt zu bringen. Nun da man bereits bei der Vorbereitung der zweiten Linux-Produktgeneration von Novell ist, ist aber die Zeit gekommen, die Entwicklung zu öffnen und die Community einzubinden.

Umstellung

Innerhalb von Novell gab es natürlich auch einige Überzeugungsarbeit zu leisten, um alle von den Vorteilen des neuen Entwicklungsprozesses zu überzeugen, da man ja bisher mit dem geschlossenen Beta-Test sehr gut gefahren war. Allerdings sei bei der bisherigen Herangehensweise zwar die Qualität der Bug Reports sehr gut gewesen, im offenen Entwicklungsprozess werden aber schlicht mehr Probleme aufgespürt. Man sei auch von der Qualität der bisher abgelieferten Bug-Reports deutlich positiv überrascht.

Lernphase

Trotzdem: "Der Unterschied zwischen dem alten und dem neuen Modell ist wie Tag und Nacht", ist sich Mancusi-Ungaro bewusst. Man wolle selbst am Weg vom Community-Prozess dazu lernen, viele der Probleme - und Lösungen - werden sich erst mit SUSE Linux 10.1 herauskristallisieren, immerhin sei das openSUSE-Projekt gerade mal ein paar Wochen alt.

Wie offen ist "offen"

Ebenfalls noch nicht entschieden ist, wie "offen" openSUSE in Zukunft sein wird, und wie viel Einfluss sich Novell sichert, um sicher zu stellen, dass die prinzipielle Ausrichtung mit den Plänen für die eigenen Professional-Produkte zusammenpasst. Man will das sowohl firmenintern als auch mit der Community noch diskutieren, insofern sei auch nicht klar, welche Strukturen zur Leitung der Distribution geschaffen werden, so Mancusi-Ungaro weiter

Kein Abbau

Den immer wieder geäußerten Angst von Teilen der Community, dass Novell bezahlte EntwicklerInnen durch Community-Beteiligung ersetzen will,erteilt er aber eine deutliche Absage. Es habe und werde keinen Stellenabbau in diesem Bereich geben und es seien auch keine Reorganisationen in den GNOME und KDE-Entwicklungsgruppen geplant.

Nebeneinander

Die Entscheidung die beiden Desktops - im Gegensatz zu früheren SUSE-Versionen, die stark KDE-zentriert waren - gleichberechtigt zur Auswahl zu stellen, sei Teil einer grundlegenden Firmenausrichtung. Man wolle sich hier nicht auf eine Lösung festlegen, sondern weiterhin sowohl GNOME als auch KDE unterstützen. Ursprünglich sei diese "Gleichberechtigung" in der Installation bereits für SUSE Linux 9.3 geplant gewesen, dann aber aus Zeitgründen nicht mehr implementiert worden.

Abspecken

Die Frage, ob er die Meinung teile, dass die Standard-Version von SUSE Linux zu umfangreich sei, bejaht Mancusi-Ungaro. Man wolle in Zukunft Wege suchen, die Kerndistribution schmaler zu gestalten, ohne dass alle für die Installation wie jetzt für CDs herunterladen müssen. Man wolle dabei aber keine Pakete aus der Distribution werfen, es soll auch weiterhin möglich sein, eine umfassende Distribution wie bisher herunterzuladen. Einen Zeitplan für die Schlankheitskur gibt es derzeit noch nicht, das Ganze befindet sich derzeit noch in der Planungsphase.

Auswahl

Geplant seien zwei unterschiedliche Download-Versionen von SUSE Linux 10, eine vollkommen "freie" ohne jegliche propietäre Module und eine "vollständige", die bis auf einige wenige Komponenten, die man aus Lizenzgründen nicht zum Download anbieten kann, mit der Kaufversion identisch sein soll. Beide Versionen sollen gleichzeitig mit dem Verkaufslaunch von SUSE Linux 10 zur Verfügung bereitstehen. Nicht geplant sei es hingegen DVD-Images anzubieten, da sich die CD-Downloads in der Vergangenheit als wesentlich beliebter herausgestellt haben. Gerade in Ländern mit schlechterer Netzanbindung sei es auch oft ein Problem so lange Download-Sessions laufen zu haben.

Ausprobieren

Eine "experimentellere" Ausrichtung als bisher plant man nicht für SUSE Linux: Dass in den letzten Ausgaben der Distribution sichtbar mehr "neue" Entwicklungen wie Beagle ihren Weg in das Produkt geschafft haben, sei lediglich dem Umstand zu verdanken, dass in den letzten 18 Monaten wesentlich mehr Anwendungen, die versuchen Linux in neue Bereiche vorstoßen zu lassen, entstanden sind, als je zuvor. Trotzdem: "Wir hoffen, dass SUSE Linux, beziehungsweise openSUSE.org eine Heimstatt für neue Software werden wird, und deren Entwicklung befördern kann", so Mancusi-Ungaro. (apo)